Das Interview mit Herausgeber und Chefredakteur und Miteigentümer Christoph Dichand in der 60-Jahr-Jubelausgabe der "Krone".

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Wien – Christoph Dichand, Herausgeber, Chefredakteur und Miteigentümer der "Kronen Zeitung", erklärt in der 60-Jahr-Jubelausgabe von Österreichs größter Tageszeitung Redakteurin Conny Bischofberger seine Sicht von Macht und Kleinformats, von Unabhängigkeit und dem Streit mit den Mitgesellschaftern Funke-Gruppe und seit Ende 2018 auch René Benko. Ein Verkauf der Dichand-Anteile käme für ihn "natürlich nicht" infrage, sagt er. Sie würden aber "jederzeit Anteile zukaufen".

Kein Interesse an Benkos "Friedensdividende"

Dichand wirkt – auch in dem lange vorproduzierten Interview – nicht, als hätte er Interesse an René Benkos Friedensappell von vergangenem Wochenende: Benko sprach von einer "beträchtlichen Friedensdividende", wenn die Dichands bereit wären, die "Krone"-Verträge über Vorkaufs- und Aufgriffsrechte, garantierten Gewinn und andere Vorrechte für die Gründerfamilie neu zu verhandeln. Darüber verhandelt derzeit auch ein Schiedsgericht, ob die Funke-Gruppe die Rahmenverträge über diese Vorrechte kündigt.

Passagen aus dem Interview über den Immobilien- und Handelsmilliardär Benko hat die "Krone" bereits im März vorab veröffentlicht, als der Gesellschafterstreit vor der jüngsten Sitzung des Schiedsgerichts dazu wieder einmal hochkochte (DER STANDARD berichtete). Damals beantragte die Funke-Gruppe wegen Spesenvorwürfen die Entlassung von Christoph Dichand als Chefredakteur. Der Antrag blieb ohne Mehrheit, weil Christoph Dichands 12,5 Prozent mit den übrigen Dichand-Anteilen gegen Dichands Entlassung stimmten. Das Ergebnis: ein Patt – die beiden Eigentümergruppen Funke/Benko einerseits und Familie Dichand andererseits halten jeweils zusammen 50 Prozent an der "Krone". Die Funke-Gruppe wollte gegen die Abstimmung gerichtlich vorgehen. Die Dichands wiederum kündigten eine Klage auf Ausschluss der Funke-Gruppe als "lästiger Gesellschafter" an.

Mit "Kraft" und "Mut" gegen Benko

Dichand Richtung Benko, der nach eigenem Bekunden die kompletten 50 Prozent der Funke-Gruppe an der "Krone" übernehmen will: "Wer die 'Kronen Zeitung' kaufen will, kann das jeden Tag machen, er braucht nur in die Trafik zu gehen. Nein, im Ernst: Wer mehr will, der wird sich mit der Unabhängigkeit, mit dieser Kraft, die wir haben, mit unserem Mut, auch unpopuläre Maßnahmen zu unterstützen, mit unserer Haltung, auch wenn es den Mächtigen nicht gefällt, mit unserer Bodenständigkeit und der Verpflichtung unseren Lesern gegenüber auseinandersetzen müssen."

Bei Benkos Einstieg würden "finanzielle Interessen im Vordergrund stehen", sagt Dichand – dessen Familie die (nun angefochtenen) Verträge mit der Funke-Gruppe einen hohen einstelligen Gewinn unabhängig vom Geschäftsgang des Kleinformats garantieren. Als Herausgeber trage er die Verantwortung für "mehr als 1.500 Arbeitsplätze. Einen Job-Kahlschlag durch Finanzinvestoren werde ich nicht zulassen."

"Niemals Einfluss aufgeben"

Ein Verkauf der "Krone" käme "natürlich nicht" infrage, sagt Dichand: "Als Familienunternehmen fühlen wir uns tausenden anderen Familienunternehmen und unserer starken 'Krone'-Familie stark verbunden. Jederzeit würden wir aber Anteile zukaufen." Über seine und die "Krone"-Aktivitäten der Familie entscheide die Familie "gemeinsam". Je 12,5 Prozent an der "Krone" halten Hans Dichands Witwe Helga sowie seine Kinder Michael, Johanna und Christoph.

Er habe (von seinem Vater, "Krone"-Gründer Hans Dichand) "eine Aufgabe übertragen bekommen", die er "mit aller Kraft" erfüllen werde. "Das heißt: Ich werde niemals den Einfluss aufgeben, den meine Familie gemeinsam mit der Redaktion dieser Zeitung wahrnimmt."

"Zutrauen" der Politik in den Einfluss der "Krone"

Zum Einfluss der "Krone" auf die Politik sagt Dichand in dem Gespräch, gefragt nach der "Macht" der "Krone": "Der Umstand, dass viele Politiker und auch mächtige Institutionen immer noch die Nähe der 'Krone' suchen, zeigt, dass sie nicht abgenommen hat. Man hat noch immer sehr viel Zutrauen in ihren Einfluss."

Kanzler Sebastian Kurz, über den die Begeisterung der "Krone" nach dem Einstieg seines Vertrauten René Benko und der jüngsten "Krone"-Auseinandersetzung merklich abkühlte, schreibt in einer Grußadresse zum Jubiläum: "Für die 'Krone' begann vor 60 Jahren unter Gründer Hans Dichand ein Erfolgsweg, den heute sein Sohn und Nachfolger Christoph Dichand konsequent fortsetzt: unbeugsam und unabhängig in der Berichterstattung sowie einzig den Lesern gegenüber verpflichtet."

Lieber daheim den Hund – "Mister Cupcake" – streicheln

Wie sein Vater streichle er lieber seinen Hund daheim, als Macht auszuüben (ein legendärer, koketter Satz des machtbewussten "Krone"-Gründers). Christoph Dichand: "Ich habe auch einen Hund zu Hause, "Mister Cupcake". Ich bin auch lieber daheim und streichle den Hund. Mein Vater hat auch noch etwas anderes gesagt. Zeitungen befinden sich im Vorhof der Macht. Die Frage der Macht ist also eine relative. Und zweifellos ist es so, dass sich die Macht in dem Augenblick, in dem man sie nicht für die Leser einsetzt, denen man verpflichtet ist, noch mehr relativiert." (fid, 11.4.2019)