Hongkong – Nicht zuletzt durch den Fall He Jiankui ist alles, was die Wörter Gentechnik und menschliches Erbgut in einem Satz zusammenbringt, zu einem besonders sensiblen Thema geworden. Das wirkt sich auch auf vollkommen anders geartete Forschungen als die von He Jiankui aus – wie die, von denen chinesische Wissenschafter vergangenen Monat im Fachblatt "National Science Review" berichtet hatten und die nun für Kritik sorgen: Sie hatten die menschliche Variante eines Gens in Affen eingepflanzt.

Dieses Verfahren steht nicht völlig ohne Vorgeschichte da: Schon vor zehn Jahren hatten Leipziger Forscher Labormäuse gezüchtet, die über eine menschliche Version des "Sprachgens" FOXP2 verfügten. Das Einschleusen dieser Genvariante sollte Aufschlüsse über das menschliche Sprachvermögen liefern – und resultierte in Mäusen, die andere Töne im Ultraschallbereich abgaben als unveränderte Artgenossen.

Die Experimente

Wissenschafter des Kunming-Instituts für Zoologie in Yunnan und der Chinesischen Akademie der Wissenschaften sind nun zusammen mit Kollegen von der University of North Carolina auf eine andere Weise vorgegangen. Sie schleusten das Gen MCPH1, das wahrscheinlich eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung des menschlichen Gehirns spielt, bei elf Rhesusaffen ein.

Die Ergebnisse waren gemischt: Zunächst einmal überlebten von den elf genmanipulierten Rhesusaffen nur fünf die Testphase. In Tests zu Kurzzeitgedächtnis und Reaktionszeit mussten sich die Tiere Farben und Muster merken, wobei ihre Hirnaktivitäten mithilfe von Kernspintomografien analysiert wurde. Und die mit der veränderten Genvariante schnitten laut den Forschern besser ab.

Zugleich habe die Entwicklung des Gehirns bei ihnen länger gedauert als bei unveränderten Artgenossen – eine Parallele zum Menschen, bei dem der Prozess der Gehirnentwicklung besonders lange braucht. Auf die Gehirngröße wirkte sich der Eingriff nicht aus.

Standpunkte

Die chinesischen Wissenschafter sehen in ihren Forschungen das Potenzial dafür, wichtige Einblicke in Grundsatzfragen zur Einzigartigkeit des menschlichen Gehirns zu liefern. Die Bioethikerin Jacqueline Glover von der University of Colorado sieht das etwas anders: Sie fühlte sich von den Experimenten an "Planet der Affen" erinnert. Die Versuchsaffen "zu vermenschlichen, verursacht Schaden", sagte sie.

Larry Baum vom Zentrum für Genom-Forschung an der Universität von Hongkong wandte ein, im Rahmen der Studie seien nur "ein paar" von insgesamt rund 20.000 Genen manipuliert worden. "Sie können selbst entscheiden, ob das etwas ist, worüber man sich Sorgen machen sollte." (red, APA, 11. 4. 2019)