Eine Protestaktion der Tierschützer-Gruppierung VGT vor der Kleiderbauer-Filiale in Wien-Mariahilf.

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"Soll ich jetzt einfach von mir aus weitererzählen, oder wollen Sie konkret fragen?", will Andreas Pablik von U-Ausschuss-Verfahrensrichter Eduard Strauß wissen. "Wenn Sie aus dem Vollen schöpfen können, dann tun Sie das nur", erwidert dieser seinem Kollegen – der Befragte ist nämlich selbst Richter.

Und als solcher war er für Entscheidungen in einer der spektakulärsten Ermittlungen Österreichs zuständig, nämlich den behördlichen Aktivitäten gegen Tierschützer. Pablik war damals als Haftrichter zugeteilt – und am Donnerstag schöpfte er, wie Strauß ihm riet, aus dem Vollen.

Vieles an den Ermittlungen sei "seltsam" gewesen, sagt Pablik. Er verweist etwa darauf, dass die Polizei ihn anfangs darauf hingewiesen hat, dass er sich mit Fragen auch am Wochenende bei ihr melden könne. Später, als es um Einsprüche der Verteidiger ging, seien die Beamten "nicht mehr so kooperativ gewesen".

Es habe auch ein "gespanntes Verhältnis zwischen Gericht und Staatsanwaltschaft gegeben", so Pablik weiter. Er behauptet, der Staatsanwalt Werner Nußbaumer habe bei einem Gespräch mit ihm "auschecken" wollen, ob Pablik eine Anzeige gegen ein Mitglied eines Verwaltungssenats unterstützen würde, das eine Entscheidung zugunsten der Tierschützer gefällt habe.

Einmal habe ihm der Staatsanwalt selbst mit der Polizei gedroht, weil er diesem den Ermittlungsakt nicht übergeben konnte – Pablik brauchte ihn damals schlicht selbst. Auch den Einsatz der Untersuchungshaft sieht Pablik im Nachhinein kritisch. Er erinnert sich an ein Gespräch mit Ermittlern, die sich freuten, dass ein Tierschützer vor dem psychischen Zusammenbruch stehe. "Den haben wir bald", sollen die Polizisten gesagt haben.

Zähes Kapitel endet

Die Aussagen des einstigen Haftrichters zeigten deutlich, dass es bei den Ermittlungen gegen die Tierschützer – die später allesamt freigesprochen wurden – zu äußerst fragwürdigen Vorfällen gekommen war.

Die Abgeordneten im U-Ausschuss dürften somit doch noch froh gewesen sein, das Thema auf die Agenda gesetzt zu haben. In den vorigen Sitzungen hatten sich die Befragungen dazu oftmals als zäh und wenig relevant erwiesen. Von diesem Schema wich auch die erste Befragung des Tages ab. So übte der frühere Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, Erik Buxbaum, deutliche Kritik daran, dass die Ermittlungen nach dem sogenannten Mafia-Paragrafen durchgeführt wurden. Das sei für ihn damals eine "völlige Überraschung" und der Anfang des Übels gewesen. Über das Warum könne er nur spekulieren. Gleichzeitig erwähnte Buxbaum freilich, dass so die Tür zu vielfältigen Ermittlungsmaßnahmen geöffnet worden sei. Förderlich für die Ermittlungen sei es aber letztlich nicht gewesen, den Mafia-Paragrafen anzuwenden.

Anders war das beim zweiten Zeugen: Der frühere Wiener Polizeipräsident Peter Stiedl konnte wie erwartet kaum etwas zur Tieraktivisten-Affäre im BVT-U-Ausschuss beitragen. Der Grund: Er war schon Ende 2007 in den Ruhestand getreten und damit bevor die Geschichte mit Razzias und vielem mehr Dynamik erhielt. Immerhin war er bei jener Sitzung der Spitzen der Exekutive dabei, in der mit den Kleider-Bauer-Chefs die Situation erläutert wurde. Dass eine Sonderkommission eingeleitet wurde, sei ohne seine Beteiligung geschehen.

Ladungskarussell

Die nächsten Wochen dürften im U-Ausschuss wieder spektakulär werden. Nach einer osterbedingten Sitzungspause stehen im Mai prominente Gäste an.

Neben Vizekanzler Heinz-Christian Strache sollen nun offenbar auch Bundeskanzler Sebastian Kurz und andere Regierungsmitglieder geladen werden. Das sorgt für Rachegelüste bei den Regierungsfraktionen, die offenbar überlegen, Ex-Kanzler Christian Kern sowie seine Nachfolgerin an der SPÖ-Spitze, Pamela Rendi-Wagner, zu laden. Was diese mit der BVT-Affäre zu tun haben, ist noch unklar. Die Befragungen erfolgen jedoch zum Finale des EU-Wahlkampfs. (fsc, sterk, 11.4.2019)