Gegen eine Verbreitung des Masernvirus hilft laut Expertin nur eine hohe Durchimpfungsrate.

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Wien/Klagenfurt/Bregenz – Das Klagenfurter Lerchenfeldgymnasium bleibt am Freitag geschlossen, der Trainingsbetrieb bei den Teams der unter 14 Jahre alten Eishockeyspieler des KAC ruht, der gesamte Busverkehr in der Kärntner Landeshauptstadt stand am Mittwoch zwei Stunden lang still – die Masern haben das Bundesland Kärnten erreicht. In Österreich wurden 65 Erkrankungsfälle mit Masern seit Jahresbeginn gezählt – zum Vergleich: Im gesamten Jahr 2018 waren es 77. Die fünf jüngsten bestätigten Fälle betreffen Kärnten (vier) sowie Vorarlberg. DER STANDARD beantwortet wichtige Fragen zur international voranschreitenden Verbreitung:

In Kärnten gibt es eine Masern-Welle. Ein Gymnasium hat wegen der hoch ansteckenen Krankheit geschlossen, die Impfungen im Gesundheitsamt wurden ausgedehnt. In Österreich sind heuer schon mehr als 60 Menschen an Masern erkrankt.
ORF

Frage: War die Einstellung des Klagenfurter Stadtbusverkehrs wegen eines an Masern erkrankten Busfahrers nicht überzogen?

Antwort: Masern sind eine hochansteckende Infektionskrankheit. Im Fall des Buslenkers wollte man durch sogenannte Wischdesinfektionen sichergehen, dass sich keine weiteren Fahrer anstecken konnten. Allein in der Atemluft können die Masernerreger zwei Stunden lang übertragen werden, was über Tröpfchen, also beim Sprechen oder Niesen, geschieht. Ein Infizierter kann laut Zentrum für Virologie der Med-Uni Wien zwölf bis 18 andere, ungeschützte Personen anstecken. Bei der Influenza sind es 1,4 bis vier Personen, bei Ebola zwei. Die Krankheit ist bereits ansteckend, bevor der Hautausschlag nach circa vier Tagen auftritt. Die Vorsichtsmaßnahmen in Klagenfurt dürften erfolgreich gewesen sein: Bis dato seien keine weiteren Erkrankungen aufgetreten, heißt es beim Land Kärnten.

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Frage: Welche weiteren Symptome hat ein Masernkranker und welche Komplikationen können auftreten?

Antwort: Neben dem Ausschlag, der am Kopf beginnt, haben Masernkranke Fieber, Husten und Bindehautentzündung. Bei jedem Fünften kommen Komplikationen hinzu, darunter Mittelohr-, Lungen- und Kehlkopfentzündungen sowie Durchfall. Bei circa einem von 1.000 Fällen kommt es zu einer Gehirnentzündung, die zum Tod führen kann. Wenn jemand Masern hatte, ist sein Immunsystem über Jahre geschwächt.

Frage: Was geschieht, wenn ein Masernfall bestätigt wird?

Antwort: In Vorarlberg wurde am Donnerstag die Erkrankung eines Kindes in einer Volksschule in Göfis (Bezirk Feldkirch) bekannt. Danach wurde nicht nur die Schule desinfiziert, sondern vor allem auch der Immunisierungsstatus hunderter potenzielle Kontaktpersonen abgeklärt, darunter Lehrer und Schulkollegen, aber auch Patienten des Arztes des Kindes. Wer keine Impfung oder Antikörper nachweisen kann, dem wird Blut abgenommen. Bis Klarheit über den Status herrscht, ist er oder sie mit einem Schul- oder Arbeitsverbot belegt, hieß es aus der Landessanitätsdirektion. Die Schule bleibt vorerst geschlossen.

Frage: Wie kann man sich vor einer Ansteckung schützen?

Antwort: "Es hilft nur, die Durchimpfungsrate zu erhöhen", sagt Heidemarie Holzmann vom Zentrum für Virologie. Die Krankheit ist in Ländern um Österreich weit verbreitet. Beispiel Ukraine: Dort wurden Mitte März rund 30.000 Fälle registriert. In Österreich sind die Masernimpfungen im Kinderimpfprogramm enthalten und es gibt die Masern-Mumps-Röteln-Impfung bei öffentlichen Gesundheitsdiensten kostenlos für alle Altersgruppen. Es braucht zwei Impfungen im Abstand von vier Wochen, um umfassend geschützt zu sein. Viele Erwachsene hatten in der Kindheit nur eine Impfung erhalten. Die Durchimpfungsrate lag 2017 laut einer Studie der TU Wien bei 81 Prozent.

Frage: Kommt in Österreich eine Impfpflicht?

Antwort: Zwar hat sich nun die Ärztekammer dafür ausgesprochen, Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) ist aber dagegen. Das sei "ein sehr sensibles Thema", bei dem man "mit Zwang sehr viel Schaden anrichten" könne, hieß es aus ihrem Büro. Hartinger-Klein setzt auf eine Verbesserung der Durchimpfungsrate durch den E-Impfpass, der "einen besseren Überblick sowohl über erfolgte als auch ausstehende Impfungen" geben werde. Aktuell laufen noch die Vorbereitungen für dessen Pilotierung. Volksanwalt Günther Kräuter, der für Impfverweigerer Sanktionen via Mutter-Kind-Pass vorschlägt, hat für 29. April zu einem Impfgipfel geladen, an dem unter anderem eine Vertreterin des Gesundheitsministeriums teilnehmen wird.

Frage: Warum gilt in Teilen New Yorks wegen Masern der Gesundheitsnotstand?

Antwort: Nach Angaben der Gesundheitsbehörde CDC sind in New York seit Oktober 285 Menschen an Masern erkrankt, 21 mussten ins Spital, fünf davon auf der Intensivstation. Viele Betroffene sind orthodoxe Juden, die aus religiösen Gründen die Impfung ablehnen. In vier Gebieten von Brooklyns Stadtteil Williamsburg häufen sich die Erkrankungen. Bisher wurden aus medizinischen oder religiösen Gründen Ausnahmen von der eigentlichen Impfverpflichtung für Schulkinder zugelassen, nun müssen Impfung oder Antikörper nachgewiesen werden, sonst drohen bis zu 1000 Dollar Strafe. (FRAGE & ANTWORT: Gudrun Springer, 12.4.2019)