Die Freiheit, für die sie seit vier Monaten auf die Straße gegangen sind, beginnt für die Sudanesinnen und Sudanesen mit der Einführung des Ausnahmezustands und einer nächtlichen Ausgangssperre. Die neue Militärregierung, die Donnerstagfrüh den seit dreißig Jahren regierenden Omar al-Bashir abgesetzt hat, lässt keinen Zweifel daran, dass zumindest einstweilen die eine eiserne Faust die andere ersetzen wird: Erst in zwei Jahren sollen Wahlen stattfinden. Ob sie dann frei und demokratisch sind, wie versprochen, wird man sehen.

Wenn ein Verteidigungsminister und – wenngleich erst seit kurzem – Vizepräsident das Regime, dem er selbst angehört hat, als "kriminell" bezeichnet, dann ist das kein Umsturz, sondern ein Putsch einer Regimefraktion gegen die andere. Im Fall des Sudan dürfte es darauf hinauslaufen, dass das islamistische Regime von Omar al-Bashir, das sich stark auf das Militär gestützt hat – aus dem er auch selbst kam -, durch ein reines Militärregime ersetzt wird. Das entspricht auch durchaus den Wünschen und Vorstellungen der wichtigen arabischen Partner des Sudan in Ägypten, in Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten. Auch im Sudan wird offenbar die Illusion verfolgt, dass man nur die Muslimbrüder aus der Gleichung herausnehmen muss, und der Staat wird gut.

Erinnerungen an Arabischen Frühling

Wobei die Militärs auch unter Zugzwang geraten waren, als sich normale Soldaten zunehmend weigerten, gegen die Demonstrationen vorzugehen. Insofern erinnert Sudan 2019 an Ägypten im Februar 2011: Die Militärs opfern einen der Ihren, um die Macht behalten zu können.

Für die Protestbewegung beginnt nun eine kritische Phase. Das Versprechen, dass alle Oppositionellen aus der Haft entlassen werden, soll die Menschen erst einmal ruhigstellen. Aber der große Test kommt, wenn sich die Bewegung nicht auflöst, sondern für eine zivile Regierung eintritt. Dafür gab es am Donnerstag starke Anzeichen.

Weiters ist fraglich, ob die neue Militärjunta unter Awad Ibn Awf so viel Unterstützung findet, dass sie die wirtschaftliche Misere im Land lindern kann. Im Westen wird man sie skeptisch sehen: Gegen Ibn Awf gibt es zwar keinen Haftbefehl wegen der Verbrechen in Darfur, aber er steht auf einer US-Sanktionsliste. So viele Zweifel mischen sich in den Jubel über den Abgang Omar al-Bashirs. Den Sudanesinnen und Sudanesen wäre ein eindeutigerer Erfolg zu gönnen gewesen. (Gudrun Harrer, 11.4.2019)