Eine Tafel Schokolade, die mich mit ihrem Markennamen "Hello" fröhlich grüßte – völlig deplatziert!

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Die postdemokratischen Politik-Hanswurstiaden – kaum Substanz, dafür eine idiotische "Inszenierung" nach der anderen – gehen mir momentan so auf die Nerven, dass ich zur Entspannung heute einen weiten Bogen um die Politik mache und mich stattdessen einer Narretei aus der Warenwelt zuwende, dem sprechenden Lebensmittel nämlich.

Vor ein paar Tagen erspähte ich im Supermarkt eine anlassige Süßigkeit: eine Tafel Schokolade, die mich mit ihrem Markennamen "Hello" fröhlich grüßte, als hätten wir seit Jahren Schweine miteinander gehütet. Das ist nun mitnichten der Fall. Erstens habe ich noch nie in meinem Leben Schweine gehütet, und von einem gemeinsamen Schweinehüten mit einer Tafel Schokolade kann schon überhaupt nicht die Rede sein. Da mag die Schoggi noch so köstlich munden: Die Anrede "Hello" ist deplatziert.

Anmaßung

Sich als Subjekte gerierende Waren, die so tun, als nähmen sie mit dem Kunden zwischenmenschlichen Kontakt auf, haben etwas Anmaßendes. Klassisches Beispiel ist das Bonbon "Nimm 2". Nicht nur, dass es einen duzt, ohne dass man einander vorgestellt worden wäre. Sein Name wirkt auch unangenehm befehlshaberisch.

Und redundant. Denn das Wissen, dass jeder Warenproduzent davon träumt, das Doppelte von seinen Kostbarkeiten zu verkaufen, haben wir Kinder des Kapitalismus mit der Muttermilch eingesogen. Käme man dem Nimm-zwei-Befehl gehorsam nach, würden wir die doppelte Menge Zivilisationsmüll produzieren. Dabei reicht das, was jetzt schon in der Natur herumgammelt, bis obenhin. Was kommt als Nächstes? Eislutscher mit dem Namen "Leck mich"?

Nochmals zur "Hello"-Schokololade. Sie tut auch allen Liebhabern des Teutschen einen Tort an, weil auf der Verpackung diverse englische Befehle abgedruckt sind: "Just say yes and berry me" (auf einer Blueberry-Schokolade), "Pick me up before you go!" etc.

Sowas zieht einem sensiblen Sprachschützer natürlich die Schuhe aus. Allerdings tendieren die Deutsch-Puristen auch häufig zu eher extravaganten Englisch-Alternativen. Mein Liebling aus dieser Kategorie ist der "Heißkäserich". Den "Heißkäserich" haben vor etlichen Jahren ein paar engagierte Anglizismenfeinde als Ersatz für den "Cheeseburger" vorgeschlagen. Er hat sich nicht durchgesetzt – und, wie ich finde: aus gutem Grund. (Christoph Winder, 13.4.2019)