Es ist zugegeben ein recht delikates Problem. Aber dennoch ist es ein Problem. Folgendes nämlich – Vorsicht, jetzt lasse ich tief blicken. Wenn Ihnen das unangenehm ist, wäre jetzt eine gute Gelegenheit, um umzublättern – also Folgendes, das mich ereilt, wenn ich als Autojournalist einen Testwagen ausgehändigt bekomme, der mich fasziniert. Vielleicht ist das so eine Unart, die man mitbekommt, wenn man auf dem Land groß wird, dass man alles haben und nix hergeben will. Bei faszinierenden Autos habe ich das jedenfalls. Und weil es nicht angeht, dass ich alle paar Monate einen neuen, aber am Ende komplett unnötigen Wagen nach Hause bringe, musste ein Regulativ gefunden werden. Und ich habe wirklich eine Lösung für mein Problem. Zumindest hatte ich eine.

Die Transfogarascher Hochstraße in Rumänien zählt zu den schönsten Bergetappen der Welt. Der Mazda MX-5 ist der erfolgreichste Roadster der Welt. Aber der RF schaut halt schon auch fein aus.
Foto: Mazda

Immer wenn ich in einem dieser Hobel saß, der mein Herz berührte, meinen Hintern z'sammenzwicken, von den Händen am Lenkrad die Knöchel schneeweiß leuchten ließ, musste sich der Wagen mit dem Besten messen. Mit dem Auto, das den meisten Fahrspaß bietet und gleichzeitig keinen finanziellen Totalbankrott bedeutet. Und da gibt es bei meinem Kontostand nur einen Neuwagen, der die Sünde einer Neuanschaffung wert wäre.

Weil warum

Sie haben allein aufgrund der Bilder schon lange gespannt, dass es sich um den Mazda MX-5 handelt. Aber ich will Ihnen noch kurz erklären, was es ausmacht, dass er in der Lage ist, alle anderen auszustechen: Er hat einen Hinterradantrieb. Damit ist eh der Großteil aller anderen Autos schon von der Liste gestrichen. Er hat ein knackiges Fahrwerk und einen tiefen Schwerpunkt, ist leicht und lenkt präzis. Was jetzt noch an Konkurrenz auf dem Zettel steht, vernichtet der Japaner bei der Betrachtung der Kosten.

Der MX-5 an einem der schönsten Parkplätze entlang der Transfogarascher Hochstraße.
Foto: Mazda

Um 30.000 Euro bekommt man einen gut ausgestatteten Roadster, der mit wenig Leistung – Stichwort Steuer – maximalen Spaß bereitet. Einziges Manko: Ich brauch kein Cabrio. Ich fahre diese meistens geschlossen. Seltsamerweise ist das beim MX-5 nicht so. Weil das Verdeck ohne Firlefanz in einer Sekunde offen oder zu ist, geht der Deckel immer auf, wenn es Sonnenstand und/oder Temperatur erlauben. Zweites Manko des MX-5: Sein Lenkrad ist nur in der Höhe, nicht in der Länge verstellbar. Wenn das alles ist – geben Sie mir da recht? -, ist die Welt eine herrliche.

Doch dann bringt Mazda 2017 den RF. Einen Targa mit versenkbarem Hardtop. Er ist noch schöner als der Roadster. 2018 wurden die Motoren stärker und das Lenkrad in der Länge verstellbar. Was jetzt? Hardtop oder Roadster?

Vorn der Targa des Mazda MX-5, der RF. Im Hintergrund der Roadster mit dem Softtop, der schon zum Bestseller wurde.
Foto: Mazda

Um diese Frage zu klären, suchen wir eine der schönsten Bergstraßen der Welt. Die Transfogarascher Höhenstraße in Rumänien, gleich hinter Sibiu, die über die Transsilvanischen Alpen führt, gilt als solche. Kurve um Kurve. 100 Kilometer lang. Anspruchsvoll. Herrliche Aussicht. Tragische Geschichte. Atemberaubend schöne Orte, um Pause zu machen und die Eindrücke sickern zu lassen.

Relativitätstheorie

Dort wo der Asphalt nicht immer der Beste ist, die nächste Kurve dafür immer eine Überraschung, relativieren sich die nackten Zahlen in den Datenblättern schnell. Die rund 40 Kilogramm, die der RF schwerer sein soll, merkt man so gut wie gar nicht. Seine einen Tick komfortablere Abstimmung ist auf diesem Geläuf auch kein Nachteil. Die drei Liter weniger Kofferraumvolumen sind bei diesem Auto kein Argument und die 0,3 Sekunden, die er länger von 0 auf 100 km/h braucht, auch nicht. Und weil wir gerade dabei sind: Dass es den RF, und nur den RF, mit Automatikgetriebe gibt, interessiert jetzt auch nicht. Dafür das Schauspiel, wenn sich das Dach im Heck versenkt, und dass man mit ihm ein schönes kompaktes Hard-Top-Coupé fahren kann, das zählt. Und was auch zählt, ist der Preis. Der RF kostet in der Topausstattung mit 184 PS 38.390 Euro, den Einstieg macht der 132 PS starke Attraction um 31.790 Euro.

Der RF von hinten, eine Aufnahme von einer Testfahrt mit einem maritimeren Hintergrund.
Foto: Guido Gluschitsch

Darf ich ehrlich sein? 132 PS reichen auch. Vollauf. Differenzialsperre brauchma nicht. Und die Basisausstattung, in der es den RF gar nicht gibt, tut's auch – da gehen dann nur die Recaro-Sitze ab. Aber bei einem Preis von 26.390 Euro ist das die geringste Sorge. Also gewinnt der Roadster.

Schade nur, dass meine Frau das genau anders sieht. (Guido Gluschitsch, 22.4.2019)