Derzeit ist noch ein Pauschalbetrag von acht Euro pro Ladevorgang im Ionity-High-Power-Ladenetz fällig.

Foto: laggers.at / Rudolf Skarics

Wallbox des oberösterreichischen Wallbox-Pioniers Keba: auf Wunsch auch mit geeichter Anzeige erhältlich.

Foto: Keba

Die Einführung einer neuen Technologie wie des Elektroantriebs ist natürlich mit vielen Hürden und Schwierigkeiten verbunden, nicht nur was die Fahrzeuge betrifft, sondern auch seitens der Infrastruktur. Dabei geht es nicht nur um technische Feinheiten, sondern auch um notwendige Maßnahmen, die bis in die Gesellschaftspolitik hineinreichen. Benzin tanken ist schon historisch gesehen etwas ganz anderes als Strom laden. Andere Branche, andere Interessen, andere Gesetzmäßigkeiten.

Harmonisierung

Das Problem begann schon bei den Ladesteckern. Es dauerte einige Jahre, bis man sich in Europa auf eine einheitliche Norm einigen konnte, die sowohl das Gleichstrom- als auch das Wechselstrom-Laden umfasste. Mittlerweile tritt auf dieser Ebene Harmonisierung ein. Sogar Tesla, bekannt für seine Alleingänge, liefert das Model 3 mit europäischem CCS-Ladeanschluss aus und rüstet dafür eigens seine Supercharger nach.

Ein anderes Hindernis für Fortschritte in der Elektromobilität war bis jetzt die Abrechnung. Wir bezahlen beim Tanken von Benzin und Diesel die Energie in Litern. Das funktioniert gut, weil die Durchflussmengenmesser an Zapfsäulen ausreichend genau sind. Auch beim Haushaltsstrom bezahlen wir im Wesentlichen die bezogene elektrische Energie in Kilowattstunden. Nur beim Laden des Elektroautos war das bis jetzt meistens anders, jedenfalls an öffentlichen Ladestationen. Je nach Vertrag mit dem Ladestationsbetreiber bezahlte man bisher einen Pauschalbetrag oder rechnete die Ladezeit in Minuten ab. Mit dem, was man wirklich an Energie bezieht, hatte das oft recht wenig zu tun.

EU-Richtlinie

Bei einigen Wallboxen für den privaten Einsatz konnte man zwar schon bisher die geladene Energie in Kilowattstunden ablesen, allerdings entsprach das nur einer Orientierungshilfe, geeicht waren die Geräte nicht. Mittlerweile sind zumindest die Rahmenbedingungen für das Messen und Anzeigen des Energieverbrauchs in einer EU-Richtlinie definiert: Wer in kWh abrechnet, benötigt an seiner Ladestation einen geeichten Stromzähler, der im Wesentlichen einem Smart Meter entspricht, und ein Display, das eine Anzeige der geladenen Energiemenge ermöglicht.

Die Hersteller von Wallboxen für den privaten und semiprofessionellen Bereich sehen das als willkommene Geschäftsbelebung. Gegen Mehrpreis bieten sie auch geeichte Varianten ihrer Ladestationen mit Verbrauchsanzeige an. So lassen sich auch Abrechnungsmodelle für Unternehmensparkplätze und Wohnanlagen gerecht und transparent realisieren, zumindest von der technischen Seite her.

Heikel

Als heikler Punkt galt bis vor kurzem, dass nur Elektrizitätsunternehmen mit entsprechender Konzession Strom verkaufen dürfen. Bei bisherigen Modellen mit Abrechnung in Ladezeit bezahlt man ja nicht den Strom, sondern eigentlich fürs Parken an der Ladesäule. Mittlerweile vertritt aber sogar das Verkehrsministerium die Meinung, dass es sich bei Ladepunkten nicht um Energiehandel handelt.

Die Umstellung auf eine Abrechnung in kWh ist trotz dieser technischen Möglichkeit nicht Pflicht, und viele Betreiber von öffentlichen Ladestationen und Bezahldiensten dürften auch keine besondere Eile damit haben, dass die Kundschaft ganz genau weiß, wie viel Energie sie tatsächlich bekommt. Sie bevorzugen wohl noch länger Pauschalabrechnungen. Und eine Hürde kommt den Anbietern von Hochleistungs-Gleichstrom-Ladestationen vielleicht ganz gelegen. Dafür gibt es derzeit noch keine technische Möglichkeit einer geeichten Abrechnung. (Rudolf Skarics, 26.4.2019)