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Seit Dezember ist Pawel Malkow Chef der Statistikbehörde.

Foto: Reuters / Maxim Shemetov

Fünf Jahre in Folge sind die Realeinkommen in Russland gesunken. Ab April ändert nun die Statistikbehörde Rosstat die Zählart. Die Vergleichbarkeit der Ergebnisse wird darunter leiden, meinen Experten.

Neue Besen kehren gut: Bei der Statistikbehörde kehrt seit dem 24. Dezember – in Russland ein ganz gewöhnlicher Arbeitstag – Pawel Malkow als neuer Chef aus. Die Regierung, unzufrieden mit den Ergebnissen der Behörde, die trotz der Wahlgeschenke an die staatlichen Angestellten vor der Präsidentenwahl im März 2018 am Ende des Jahres ein Minus bei den Realeinkommen feststellte, entließ den langjährigen Rosstat-Chef Alexander Surinow.

Vize-Premier Anton Siluanow nannte die Qualität der Statistiken "fürchterlich" und die Methoden "veraltet". Nun will Rosstat mit einer neuen Methode die Realeinkommen der Russen ausrechnen und diese nicht mehr monatlich, sondern vierteljährlich vorstellen.

Laut Malkow haben Experten die neue Methode als deutliche Verbesserung ausgemacht. Tatsächlich basierte bisher ein großer Teil der Zahlen auf Einschätzungen der Behörde selbst, die die tatsächlichen Zahlen viel später bekam und dann wieder umrechnen musste. Besser erfasst werden sollen die Gehälter von Lohnempfängern ohne Vertrag, von Ausländern und Personen, die ihr Gehalt in Fremdwährung bekommen. Erfreulicher Nebeneffekt der neuen Rechenmethode, die ansonsten aber weiterhin Geheimnis der Statistikbehörde bleibt: Es dürfte damit zumindest anfangs ein Plus geben.

Schwer, Prognosen zu treffen

Igor Poljakow vom "Zentrum für makroökonomische Analyse und Kurzzeitprognosen" warnt allerdings, dass die Zahlen der neuen Methode mit jenen der alten nicht vergleichbar seien. Zudem sei es aufgrund der für das Modell zur Verfügung stehenden noch geringen Datenmenge schwerer, Prognosen zu treffen.

Die Änderung der Statistik hat durchaus einen politischen Hintergrund: Eine wichtige Forderung in den sogenannten "Mai-Dekreten" Wladimir Putins ist die Steigerung des LebensStandards. Seit 2014 zeigen die Realeinkommen aber stetig nach unten: Bis 2018 betrug das Minus insgesamt elf Prozent. Im Jänner 2019 musste Rosstat noch einmal eine Verringerung von 1,3 Prozent gegenüber Jänner 2018 quittieren.

Schon die Neuberechnung des Bruttoinlandsprodukts für 2018, die trotz Schwächetendenzen am Jahresende plötzlich ein Wachstum von 2,3 Prozent erbrachte, hatte Kritik an der Statistikbehörde hervorgerufen. Kritiker meinen, dass die Neuausrichtung der Methode darauf zielt, wenn schon nicht in der Realität, so zumindest auf dem Papier die Lebenslage der Russen zu verbessern. (André Ballin aus Moskau, 13.4.2019)