René Benko.

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Man muss ja nicht auf jede Peinlichkeit näher eingehen. Die Beilage, mit der die "Kronen Zeitung" Donnerstag ihre 60 Jahre feierte, erinnerte vor allem daran, dass Medien wie manche Menschen senil wirken können, egal, wie alt sie sind. Das Jubiläum war umrahmt von zwei Texten, die in schmerzlicher Weise verrieten, dass sich der Respekt, von dem eine Sechzigjährige träumt, vielleicht noch in der Politik, aber nicht bei der Konkurrenz ohne weiteres einstellt. Am selben Tag konnte ihr hoffnungslos unterlegener Hauptkonkurrent "Seitenblicke" auf die Windelfront feiern: Erstes Shooting mit Sohn Hendrik. Philippa Strache im Baby-Interview.

Auf mehreren Fotos knuddelte die Tierschutzbeauftragte der Freiheitlichen Partei besagten Hendrik, um im begleitenden und ersten offiziellen Baby-Interview, beziehungsweise Babytalk, aus dem Stehsatz des Boulevards weitgehend wortwörtlich dasselbe über Mutter- und Hundeglück von sich zu geben, das sie auch schon der "Krone" verraten hat, aber eben ohne Babygeschmuse. Diese Shootings offiziell zuerst dem hoffnungslos unterlegenen Hauptkonkurrenten und nicht der Jubilarin als Erster gestattet zu haben, könnte auf eine Entfremdung zwischen der "Krone" und ihrer alten Kernklientel hindeuten. Die Fellners bemühen sich eben mehr.

Wesentlich schmerzlicher war aber der am Wochenende vorauseilende Geburtstagsgruß der "Presse". Wie es in den Nachrichten aus der Redaktionskonferenz hieß, war es für Rainer Nowak eine Woche im Frage-Antwort-Modus. Ein Interview folgte aufs nächste, also wollte der Chefredakteur zuletzt noch einmal auf der Benko-Welle surfen, die in den Tagen vorher die heimische Medienlandschaft überspült hatte. Er sah sich dabei in der Rolle eines Postillion d'amour zwischen René Benko und Christoph Dichand. Der Blick, den er in das Herz der Immobilienfinsternis zu werfen versuchte, war eher Nebensache.

Stoff für Indirektes

Sein Angebot Wollen Sie Christoph Dichand auf diesem Weg etwas ausrichten? wurde als zu wenig werthaltig zurückgewiesen. "Wenn ich Christoph Dichand etwas ausrichten wollte, würde ich es ihm direkt sagen." Für Indirektes zum Thema "Krone" blieb indes genug Stoff. Benko möchte demnach das Unternehmen konstruktiv in die Zukunft führen – gemeinsam mit der Familie Dichand und mit Raiffeisen. Was kann sich eine Sechzigjährige Besseres wünschen? Das Angebot besagt: Signa übernimmt die restlichen Anteile von Funke, die "Krone" liegt damit wieder in österreichischer Hand, Christoph Dichand bleibt logischerweise Herausgeber und Chefredakteur, die Familie behält ihre Anteile, Themen, wie Gewinnvorab und Aufgriffsrecht werden partnerschaftlich neu geregelt, wir lassen Frieden einkehren ... Die Friedensdividende könnte beträchtlich ausfallen.

Diese Mischung aus Patriotismus, Familienidyll und Gewinnvorab sollte man am Beginn des siebenten Lebensjahrzehnts als Jungbrunnen schätzen, zumal René Benko Rainer Nowak verriet: Ich sehe meine Rolle darin, auf eine Befriedung der Situation hinzuwirken.

Unternehmenssprecher Michael Jeannée

Doch was hilft die aufrichtigste Situationsbefriedung jetzt, wenn dahinter vor allem Selbstbefriedigung morgen gewittert wird? Komisch, die "Krone" will sich um keinen Preis von Benko konstruktiv in die Zukunft führen lassen. Das verriet in der Jubiläumsbeilage Unternehmenssprecher Michael Jeannée ausgerechnet per Post an die – Liebe Krone!

Das Billigblatt "Österreich", Dein hoffnungslos unterlegener Hauptkonkurrent, wittert Morgenluft, was an jenem Tycoon, Immobilienhai, Milliardär und Schattenmann liegt, der hinter allem steckt. Was der genau vorhat ... ist nicht bekannt (nicht "Die Presse" gelesen?), aber was es auch ist, er wird scheitern. Denn die Kohorten Deiner Redakteurinnen und Redakteure, diese zusammengeschweißte Hundertschaft aus Zeitungsmenschen mit Leib und Seele, werden Deiner Übernahme durch einen "Artfremden", für den Unabhängigkeit ein Fremdwort ist, dem Deine Leser völlig egal sind, weil sie nichts mit seinen Interessen zu schaffen haben, niemals zustimmen.

Es kommt immer wieder vor, dass ein Präsent den Geschmack des Geburtstagskindes nicht ganz trifft. Das muss nicht immer am Schenkenden liegen. Wir investieren immer gern dort, wo wir einen sichtbaren Wertbeitrag leisten können, lockt Benko. Aber der aufrichtigste Wohltäter tut sich schwer, wenn zusammengeschweißte Kohorten aus Zeitungsmenschen seine redlichen Absichten verkennen. (Günter Traxler, 14.4.2019)