Rendi-Wagner und Kaiser.

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Villach – Hier ist die Welt der Sozialdemokratie wieder in Ordnung. In Kärnten regiert die SPÖ seit der Landtagswahl im Vorjahr mit beinah absoluter Mehrheit, die Kärntner Partei unter Landeshauptmann Peter Kaiser hat sich seither als wesentlicher Player in der österreichischen Sozialdemokratie etabliert. In Peter Kaiser fand die neue Parteichefin Pamela Rendi-Wagner innerparteilich eine ihrer wichtigsten Stützen. Er wurde mit 99,34 Prozent als Landesparteichef wiedergewählt.

Pflichttermin

Der Landesparteitag am Samstag in Villach ist sozusagen ein Pflichttermin für Rendi-Wagner, entsprechend aufgeräumt und emotional gerät das Zusammentreffen im dortigen Congress Center vor 800 Delegierten: Umhalsungen, Daumen hoch, strahlende Gesichter.

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"Wir werden mehr und mehr zu einem Team. Das ist gut für Österreich, aber schlechter für die Bundesregierung", sagt Peter Kaiser wenig später in seiner Rede über das enge Verhältnis mit der für ihn bereits "künftigen Bundeskanzlerin".

Angst der Jungen

Nachdem Peter Kaisers 24 Jahre alter Sohn Luca, Kärntens EU-Spitzenkandidat, für seine nachdenklichen Worte über die Angst der Jungen vor der Zukunft auf diesem von Umweltzerstörung bedrohten Planeten,Standing Ovation geerntet hat, holt Rendi-Wagner zu einer scharfen Attacke auf die türkis-blaue Regierung aus.

Die Bevölkerung beginne zu spüren, was "dieser Demokratieabbau" in Österreich bedeute, schon bei der "erstbesten Wahl, der Arbeiterkammerwahl hat diese Regierungen ihren Denkzettel bekommen. Diesen Rückenwind, werden wird jetzt mitnehmen für die ÖH-Wahlen, die EU-Wahlen und die drei Landtagswahlen nächstens Jahr. Wir lassen den Wind sicher nicht abflauen".

Rendi-Wagner nützt die Kärnten Bühne, um auch kräftig die EU-Trommel zu rühren: Die politische Situation in Europa, aber auch in Österreich habe sich durch Rechtsextremisten und Rechtspopulisten extrem verändert. "Diese Kräfte wollen Europa auseinander reißen und zerstören. Diese Kräfte hat es zwar auch schon früher unter den Haiders und Le Pens gegeben, nur sind sie jetzt auch in Regierungsverantwortung", sagt die SPÖ-Chefin.

"Verlogen und feige"

Wie Großbritannien gegenwärtig deutlich mache, habe eine konservative Regierung mit dem Brexit einen Scherbenhaufen angerichtet und die Türen für Populisten geöffnet. "Andere sollen jetzt alles aufräumen, nachdem die Verursacher sich aus dem Staub gemacht haben. Das ist rechtspopulistische Politik: Sie lässt die Menschen im Stich, sie ist verlogen und feige." Und schon ist die SPÖ-Vorsitzende in Österreich. Bei Kurz, Strache und Kickl.

"In letzten 15 Monaten hat Sebastian Kurz seine Partei nach rechts verschoben. Die ÖVP ist keine Partei der Mitte mehr. Diese ÖVP unter Kurz war der Türöffner für Rechtspopulisten und Nationalisten. Kurz hat damit einen Riesenschaden angerichtet", sagt Rendi-Wagner mit fester, von Applaus bestärkter Stimme. Sie scheint langsam Gefallen an der Rolle als scharfe Oppositionsführerin zu finden.

Es reiche jedenfalls nicht aus, "mit Moralkeulen und Überschriften" gegen die "Rechten und Nationalisten" zu kämpfen. Es brauche konkrete Politik. Mit einer Politik gegen die Ungerechtigkeit könne der Nährboden für den Nationalismus ausgetrocknet werden. Wenn etwa ein Fliesenleger 25 Prozent an Steuern zahlen müsse, 7000 Euro im Jahr, und ein Weltkonzern wie Google mit Milliardengewinne in Europa nur drei Promille Steuern, "dann ist das ein Skandal, eine himmelschreiende Ungerechtigkeit. Es sind 200 Milliarden Euro, die jedes Jahr nicht bezahlt werden. Dieses Geld liegt auf der Straße, heben wir es auf und geben es den Menschen", sagt Rendi-Wagner.

Kärnten als SPÖ-Vorbild

Jene "sozialdemokratische Handschrift", die Rendi-Wagner in Europa und Österreich gerne sehen würde, sei zumindest in Kärnten schon deutlich zu sehen, sagt Peter Kaiser, nachdem Rendi-Wagner mit Blumen und stehenden Ovationen verabschiedet wurde.

"Seit 36 Monaten haben wir permanent sinkende Arbeitslosenzahlen, gleichzeitig registrieren wir den höchsten Beschäftigungstand, der je erreicht wurde. Wir haben auch die niedrigsten Mietkosten, das Bruttoregionalprodukt steigt jährlich um eine Milliarde Euro", bilanziert Kaiser vor einem zufrieden applaudierendem Parteitagsauditorium.

Wie seine Parteichefin warnt auch Kaiser vor autoritären, rechtspopulistischen Entwicklungen in Österreich, die SPÖ habe die "historische Verpflichtung dagegen aufzutreten". Kaiser pries in diesem Zusammenhang Kärnten als politisches "Gegenmodell" zur türkis-blauen Bundesregierung.

Zumindest im südlichen Bundesland genießt die SPÖ – nach den tränenreichen Monaten auf Bundesebene – sich wieder einmal selbst zu feiern. (Walter Müller, 13. 4. 2019)