Wien – Anlässlich der am Montag stattfindenden Sitzung des parlamentarischen Ausschusses für Arbeit und Soziales warnte das UN-Flüchtlingshochkommissariat UNHCR in einer Aussendung am Sonntag erneut vor dem Beschluss der vorliegenden Regierungsvorlage für ein Sozialhilfe-Grundgesetz, da diese sowohl gegen die Genfer Flüchtlingskonvention als auch gegen die EU-Qualifikationsrichtlinie verstößt.

Im Detail sehen die geplanten Regelungen vor, dass die komplette Sozialhilfe nur bezogen werden kann, wenn insbesondere bereits ziemlich gute Deutschkenntnisse (B1-Niveau) vorhanden sind. Aus Sicht von UNHCR stellt dies für anerkannte Flüchtlinge eine versteckte Wartefrist und damit eine nicht gerechtfertigte Diskriminierung dar.

Die Genfer Flüchtlingskonvention wie auch die EU-Qualifikationsrichtlinie legen jedoch ganz klar fest, dass Flüchtlinge und österreichische Staatsbürger in Bezug auf Sozialhilfe gleich zu behandeln sind.

"Reparieren"

"Die Genfer Flüchtlingskonvention ist die wichtigste international gültige Rechtsgrundlage im Flüchtlingsschutz und ihre Bedeutung und Akzeptanz spiegeln sich ebenso im EU-Recht wider. Wir erhoffen uns von den Mitgliedern des Arbeits- und Sozialausschusses, diesen Rechtsvorgaben Rechnung zu tragen und die vorliegende Regierungsvorlage dementsprechend zu reparieren", so Christoph Pinter, Leiter von UNHCR Österreich.

Diakonie: "Massiver Rückschritt"

Auch die Diakonie übt vor dem Hearing zum neuen Sozialhilfegesetz im Sozialausschuss am Montag noch einmal heftige Kritik an den geplanten Änderungen. Der Entwurf stelle einen "massiven Rückschritt" dar, heißt es in einer Stellungnahme, die an die zuständigen Abgeordneten ergangen ist. Sozialstaatliche Leistungen würden in "almosenhafte" Fürsorge umgewandelt.

Die evangelische Hilfsorganisation befürchtet durch das Sozialhilfegesetz negative Auswirkungen auf zahlreiche Bereiche. Etwa bei der Wohnsituation: "Viele Menschen können ihre Wohnung nicht im Winter heizen, müssen unter desolaten Wohnbedingungen leben." Massiv seien auch die Auswirkungen auf die Gesundheit und die Chancen und Teilhabe bei Kindern durch sozialen Ausschluss.

Erklärtes Ziel des Gesetzesentwurfes ist laut Einschätzung der Diakonie die Diskriminierung von Kindern mit Migrationshintergrund. Das Abzielen auf ein relativ hohes Sprachniveau stelle außerdem eine "unsachliche Diskriminierung gegenüber Asylberechtigten" dar, da österreichische Staatsbürger dieses Sprachniveau in der Regel erfüllen würden. Dies stehe auch im Widerspruch zur Menschenrechtskonvention, heißt es in der Stellungnahme.

"Dramatische Auswirkungen" wird nach Ansicht der Diakonie der Ausschluss von subsidiär schutzberechtigten Personen aus der Sozialhilfe haben. Bereits integrierte Personen würden dadurch gezwungen ihre Wohnungen aufzugeben und ihre bisherigen Integrationsfortschritte zunichtegemacht. Das werde auch Personen betreffen, die bereits in den Arbeitsmarkt integriert waren und lediglich einen Aufstockungsbetrag aus der Mindestsicherung bezogen.

In Sozialhilfe feststecken

"Die Diakonie bleibt daher bei ihrer Forderung allen Personen mit subsidiärem Schutz sowie Asylberechtigten uneingeschränkten Zugang zur Sozialhilfe zu gewähren", heißt es an die Abgeordneten. Durch die Streichung der Mindestsicherung für subsidiär Schutzberechtigte und die Sprachanforderungen für Asylberechtigte werde Flüchtlingen "das Sprungbrett in die Selbsterhaltungsfähigkeit unter den Füßen weggezogen". Die Folge: Eine weitaus längere Bezugsdauer der Sozialleistungen. (APA, 14.4.2019)