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Foto: Reuters/Shemetov

Im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) war die rechtsextreme Identitäre Bewegung nicht nur im Extremismusreferat, sondern auch in der Abteilung für Spionageabwehr ein Thema. Der Grund dafür waren Russland-Kontakte hochrangiger Identitärer, über die der STANDARD bereits im Sommer 2016 berichtet hat. Eine Schlüsselperson war der einstige Identitären-Sprecher Alexander Markovics, der sich intensiv um Verbindungen nach Russland bemühte.

Er interviewte beispielsweise den neofaschistischen "SS-Bewunderer" und Publizisten Alexander Dugin und trat im staatsnahen Propagandasender RT (früher Russia Today) auf. Mittlerweile gehen Markovics und die Identitäre Bewegung getrennte Wege: Er ist nun als Pressesprecher des Suworow-Instituts tätig, einer Gesellschaft zur Förderung des Österreichisch-Russischen Dialogs – die schon selbst auf das Radar des BVT gelangte, wie aus Ermittlungsakten hervorgeht.

Aber auch andere Identitäre haben Verbindungen nach Russland. Maximilian Dvorak-Stocker, Sohn des FPÖ-nahen Verlegers Wolfgang Dvorak-Stocker, saß beispielsweise im Vorstand eines deutschen Thinktanks, der von internationalen Nachrichtendiensten als etwaiges Vehikel für russische Spionageaktivitäten unter die Lupe genommen worden war.

Putin ein "echter Identitärer"

Identitären-Chef Martin Sellner sprach in einem Interview, das im Sammelband ebendieses Thinktanks abgedruckt wurde, davon, dass er Wladimir Putin als "großen Staatsmann" sehe. Der russische Präsident sei "ein wahrer Patriot und ein echter Identitärer", sagte Sellner in diesem Interview.

Die Bewunderung für Russland verbindet die Identitären mit der FPÖ. Dass Innen- und Verteidigungsministerium und somit alle Nachrichtendienste in Österreich nun unter der Ägide blauer Politiker stehen, sorgt international für Skepsis und eine zunehmende Isolation der österreichischen Dienste.

So gab die Extremismus-Referatsleiterin des BVT Sibylle G. im U-Ausschuss an, nicht zu einem Treffen europäischer Geheimdienste über die Identitären eingeladen worden zu sein. Der finnische Geheimdienst markierte Informationen für europäische Partner über russische Spionage mit einem Sperrvermerk für Wien.

Im Verfassungsschutz hatte man schon lange vor der freiheitlichen Regierungsbeteiligung Sorge über die Russland-Verbindungen der FPÖ. Eine Mitarbeiterin des Referats Nachrichtendienste sollte schon 2016 vom Informationsfluss zum Thema Russland abgeschnitten werden, weil ihr Ehemann als Mitarbeiter eines etwaigen Bundespräsidenten Norbert Hofer (FPÖ) gehandelt wurde. Heute ist der Mann hochrangiger Beamter in einem blauen Ministerium. Hofer war wenige Tage nach der Präsidentschaftswahl 2016 in Moskau, um gemeinsam mit seinen Parteikollegen Heinz-Christian Strache, Harald Vilimsky und Johann Gudenus einen "Freundschaftsvertrag" mit der Putin-Partei Einiges Russland zu unterzeichnen.

BVT prüfte Einflussnahme

Das BVT soll dem Vernehmen nach zwar weder die FPÖ als Ganzes noch heimische Abgeordnete untersucht haben, wohl aber jene Art von Veranstaltungen, auf denen immer wieder auch Freiheitliche aufgetaucht sind – beispielsweise dubiose "Kongresse", die in Moskau und anderen russischen Städten organisiert wurden. An solchen Treffen nahm etwa der jetzige FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus teil, der 2014 in Moskau am "World Congress of Families" angab, sich für die Politik der EU "zu schämen", und von einer angeblich mächtigen "Homosexuellenlobby in Europa" erzählte.

Wie aus den aktuellen Ermittlungen in der BVT-Affäre hervorgeht, prüfte das Referat für Spionageabwehr 2016 eine Einladung für den Kongress "Cope for Life", die an eine österreichische Kleinpartei erging. Die dazu gewonnenen Informationen wurden auch mit europäischen Partnerdiensten geteilt. Frankreich zeigte sich äußerst interessiert, Slowenien sandte weitere Informationen zu den handelnden Personen.

Datenschutz von Spionen

In einer grotesken Wendung des Falles ermittelt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft nun, ob durch die Maßnahmen Rechte der mutmaßlichen russischen Agenten verletzt wurden – obwohl der slowakische Geheimdienst dem BVT bestätigte, dass es sich vermutlich um Spione handelt.

Die großteils für illegal erklärte Razzia beim Verfassungsschutz hat also nicht nur das Extremismus-Referat getroffen, sondern mit dem Referat Nachrichtendienst auch jene Stelle, die russischen Einfluss in Österreich untersuchte.

Auch das wird von prinzipiell befreundeten Nachrichtendiensten genau registriert. Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) und FPÖ-Politiker bestreiten, dass das BVT international isoliert ist. Probleme wegen der intensiven Russland-Kontakte werden als Verschwörungstheorie bezeichnet. (Fabian Schmid, Maria Sterkl, 14.4.2019)