Es gibt qualifizierte Frauen für Aufsichtsratsjobs, allein die Auswahl erfolgt nach dem Netzwerk- nicht dem Leistungsprinzip.

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Österreichs Vorstände und Aufsichtsräte sagen laut einer Kienbaum-Umfrage, dass es an geeigneten Kandidatinnen für Aufsichtsräte mangele und die Frauenquote daher nicht sinnvoll sei. Sophie Martinetz will das so nicht stehen lassen. Im Gastkommentar erklärt die Unternehmerin und Gründerin, dass es qualifizierte Frauen gibt, man müsse nur nach dem Leistungs- und nicht nach dem Netzwerkprinzip suchen.

Ich bin es satt, Umfragen wie jene von Kienbaum zum Thema Frauenquote zu lesen. Der Grundtenor: Es sei so schwer, geeignete Frauen für den Aufsichtsrat zu finden. Ist das wirklich so? Ein Gegenplädoyer.

Qualifizierte Frauen gibt es genug. Zahlen, Daten und Fakten zeigen das auf. Es gibt mindestens 500 und mehr qualifizierte Frauen für Aufsichtsräte allein in der Aufsichtsrätinnendatenbank des Headhunter Board Search oder bei "Zukunft Frauen" in Österreich, einer Initiative von Wirtschaftsministerium, WKÖ und Industriellenvereinigung. Frauen absolvieren sogar eigene Lehrgänge. Es gibt Alumni-Klubs mit qualifizierten und willigen Managerinnen.

Laufend werde ich von Frauen gefragt, ob jemand auf der Suche nach ihrem Profil als Aufsichtsrätin sei. Das typische Beispiel: Betriebswirtin oder Juristin, exzellente Bilanzkenntnisse, Führungskompetenz, Erfahrung in der Leitung großer Teams, hat Digitalisierungsprozesse hautnah erlebt und umgesetzt. Aber gefragt hat sie noch niemand. Woran liegt es also? Der Pool ist ja da.

Suche nach Leistungs- nicht Netzwerkprinzip

Kann es also sein, dass es an den amtierenden Personen liegt? Dass diese Aufsichtsräte und Vorstände nicht gerne ihre Macht teilen wollen mit Persönlichkeiten, die sie nicht einschätzen können? Ich als Eigentümerin würde ernsthaft evaluieren, welche Aufsichtsräte für mich tätig sind, die es trotz qualifizierter Kandidatinnen nicht schaffen, geeignete Aufsichtsrätinnen zu finden, das auch öffentlich sagen und scheinbar nur an der Erhaltung und Weitergabe ihrer eigenen Macht und Bezahlung denken. Die also scheinbar nicht – wie immer erwähnt wird – den Zahlen, Fakten, Daten der Top-Researcher weltweit folgen. Gemischte Teams sind ein erwiesenes Erfolgskriterium für die wirtschaftliche Entwicklung eines Unternehmens. Handeln derzeitige Aufsichtsräte also nicht im Interesse des Unternehmens, sondern vielmehr für ihren Machterhalt?

Daran wird sich nichts ändern, solange Unternehmenseigentümerinnen und -eigentümer diese Befindlichkeiten akzeptieren – und damit nicht dem Leistungs-, sondern dem Netzwerkprinzip entsprechen. Darum, liebe Unternehmen, liegt das Problem nicht bei "den" Frauen. Holt euch Aufsichtsrätinnen und Aufsichtsräte, die fähig sind, Frauen zu suchen und zu finden. Leistungsstarke Mitarbeiterinnen selbstverständlicher zu befördern und in Führungspositionen zu bringen sollte für Führungskräfte im Interesse des Unternehmens sein und nicht, wehleidig zu klagen.

Historische Männerquote

Eine Analogie als Denkanstoß: Die US-Höchstrichterin Ruth Bader Ginsburg hat in einem Interview unlängst auf die Frage, bei wie vielen Frauen im Supreme Court sie zufrieden wäre (es sind insgesamt neun Mitglieder), geantwortet: "Wenn es neun sind. Schauen Sie nicht so überrascht – es gibt seit Jahrzehnten neun Männer, und niemand hat jemals eine Frage dazu gestellt."

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Streitbare US-Höchstrichterin: Ruth Bader Ginsburg.
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Und was soll in Österreich erreicht werden? Eine 70-Prozent-Quote statt der historischen 100 Prozent Männerquote in Aufsichtsräten – das wird wohl in einer auf Leistung orientierten Wirtschaftswelt machbar sein! (Sophie Martinetz, 15.4.2019)