Die ersten chemischen Elemente, die direkt nach dem Urknall entstanden, waren hauptsächlich Wasserstoff bzw. Deuterium und Helium, sowie in Spuren Lithium. Sehr viel später bildeten sich die ersten Sterne und darin die heutige Vielfalt an schwereren Elementen. Aber schon davor, als das abkühlende Universum nach dem Urknall erstmals chemische Reaktionen zuließ, muss ein erstes Molekül, also Teilchen aus zwei oder mehr Atomen, aus den vorhandenen Stoffen entstanden sein. Dieses Molekül stellt sozusagen die Geburtsstunde der Chemie im Universum dar.

Beginn der Chemie

Theorien zufolge handelte es sich dabei um Heliumhydrid, HeH+. Dabei verbanden sich ein Heliumatom aus je zwei Protonen, Neutronen und Elektronen, und ein Wasserstoffkern, also ein einziges Proton. Ausgehend davon entstanden in Reaktionen weitere leichte Verbindungen, wie molekularer Wasserstoff. Dementsprechend besitzt das Heliumhydrid-Ion eine herausragende Bedeutung für die Modelle zum frühen Universum.

Montage aus dem Planetarischen Nebel NGC 7027, dem Heliumhydrid-Ion und dem identifizierenden Lichtsignal.
Foto: Komposition: NIESYTO design; Bild NGC 7027: William B. Latter (SIRTF Science Center/Caltech) und NASA/ESA; Spektrum: Rolf Güsten/MPIfR

Im Labor konnte es 1925 erstmals erzeugt werden, aber der astrophysikalische Nachweis blieb jahrzehntelang erfolglos. "Die Chemie des Universum hat mit HeH+ begonnen. Der fehlende Nachweis für die Existenz dieses Moleküls im interstellaren Raum hat für lange Zeit ein Dilemma für die Astronomie dargestellt", erklärt Rolf Güsten vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR) und Erstautor der aktuellen Veröffentlichung im Fachjournal "Nature".

Ab den 1970er-Jahren vermutete man, dass das unauffindbare Heliumhydrid-Ion in sogenannten Planetarischen Nebeln entdeckt werden könnte. Diese bestehen aus einer Gashülle um einen Weißen Zwerg, also einen ursprünglich sonnenähnlichen Stern am Ende seiner Lebenszeit. Die intensive Strahlung des Zentralsterns sollte laut Berechnungen in der Hülle zur Bildung von Heliumhydrid führen.

NGC 7027 in voller Pracht.
Foto: WILLIAM B. LATTER (SIRTF SCIENCE CENTER/CALTECH); NASA/ESA

Rund 3.000 Lichtjahre entfernt in Richtung des Sternbilds Schwan (Cygnus) befindet sich so ein Planetarischer Nebel, NGC 7027. In diesem sollte die Suche schließlich ihren erfolgreichen Abschluss finden. Die Forscher nützten dabei die charakteristische Strahlung, die jedes Atom und Molekül aussendet. Deren Wellenlänge dient als Fingerabdruck und ermöglicht die Identifikation verschiedener Teilchen in astronomischen Objekten.

Fliegendes Fernrohr

Im Falle des HeH+-Moleküls befindet sich die Wellenlänge allerdings in einem Bereich, in dem die Erdatmosphäre undurchlässig für Teleskope am Boden ist. Für einen ungestörten Blick in den Himmel musste also zuerst das Teleskop selbst in den Himmel. Das fliegende Auge der Wissenschafter ist SOFIA (Stratosphären-Observatorium für Infrarot-Astronomie), ein gemeinsames Projekt des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der NASA.

SOFIA (Stratosphären-Observatorium für Infrarot-Astronomie) bei der Arbeit mit offener Teleskop-Tür.
Foto: NASA (Carla Thomas)

SOFIA ist eine umgebaute Boeing 747SP mit einem Spiegelteleskop und überfliegt mit einer Flughöhe von 13 bis 14 Kilometern den störenden Einfluss der unteren Atmosphäre. Im Gegensatz zu einem Satelliten ist die Wartung eines Flugzeugs aber bedeutend einfacher und am Boden kann die enthaltene Technik regelmäßig weiterentwickelt und umgerüstet werden. So konnten die Forscher SOFIA kompatibel für die Wellenlänge von Heliumhydrid machen und die langersehnte Bestätigung für den Beginn der Chemie im Universum erbringen.

"Der Nachweis von HeH+ ist ein aufregender und großartiger Beleg für die Tendenz der Natur, Moleküle zu bilden", sagt David Neufeld von der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore und Koautor der Pionierarbeit. "Trotz der wenig verheißungsvollen vorhandenen Zutaten, einer Mischung von Wasserstoff mit dem kaum reaktiven Edelgas Helium und einer schroffen Umgebung bei einer Temperatur von mehr als 1.000 Grad Celsius, hat sich ein sehr fragiles Molekül ausgebildet. Es ist bemerkenswert, dass dieses Phänomen nicht nur von den Astronomen beobachtet, sondern auch auf der Basis der von uns entwickelten theoretischen Modelle verstanden werden kann." (pkm, 17.4.2019)