Zuwendung für alle: Szene aus dem Video "The Army of Love".

Foto: Alexa Karolinski, Ingo Niermann

Von schlechten Eltern? Addie Wagenknecht lagert in "Optimization of Parenthood" elterliche Fürsorge an einen Roboterarm aus.

Foto: Georg Molterer

"Schau in die Kamera! Du bist mein pelziges Baby!" Mit niedlichen Stimmen nuscheln junge Frauen Liebesbekundungen. Sie gelten den Vierbeinern auf ihrem Schoß. Hunde und Katzen sind auf Youtube groß im Geschäft. Es gibt auf der Plattform ein Genre von Videos, in denen vorwiegend Tierhalterinnen ihre Lieblinge einem fellaffinen Publikum vorstellen. Wobei dieses Wort einer sachlichen Untertreibung gleichkommt: Die Frauen lassen sich von den Tieren über den Mund lecken, manche Pudel dürfen sogar an Muttis Brust saugen.

Die vom Kollektiv Neozoon in dem Video My bby 8l3w zusammengeschnittenen Szenen sind authentisch und stammen allesamt von Youtube. Man kann die inszenierte Intimität zwischen Mensch und Tier leicht als Ausdruck einer Vereinsamung des Menschen unter Menschen lesen.

Pflege und Essenslieferanten

Von Fürsorge und Zuwendung im Zeitalter der Roboter und Digitalisierung handelt die Ausstellung Technocare im Kunstraum Niederösterreich, die erste unter dessen neuer Leiterin Katharina Brandl. Sie versammelt wenige Arbeiten, aber die streuen die Themenpalette weit. Der Pflegenotstand, an den man angesichts des Titels denkt, wird aber nur über Bande angespielt. Während die Gesellschaft auf dem Weg dahin ist, ihre Alten von Robotern umsorgen zu lassen, schaut Addie Wagenknecht in die Gegenrichtung: Optimization of Parenthood besteht aus einer kleinen Wiege und einen Roboterarm, der sie schaukelt.

Elisa Giardina Papa hat für ihr Video Technologies of Care wiederum mit Dienstleistern von Freiberuflerplattformen gesprochen, die unter prekären Bedingungen Essen ausliefern oder auf Datingportalen chatten. Sie zeigt, wie weit Fürsorgearbeit gefasst werden kann – und wie unsichtbar diese oft ist. Bedürfnisse sind eben vielfältig. Das Video Army of Love fordert daher sinnliche Liebe für alle, auch für körperbehinderte Menschen.

Fürsorglicher Kunstraum: ein Podcast auf der Website erklärt die Arbeiten. (wurm, 15.4.2019)