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Die Einsatzkräfte in Paris kämpften gegen den Großbrand in Notre-Dame und konnten das Feuer am Dienstagvormittag löschen.

Foto: REUTERS/Benoit Tessier

Stundenlang kämpften die Einsatzkräfte der Pariser Feuerwehr von Montag auf Dienstag gegen den Brand in der Kathedrale Notre-Dame. Flammen loderten aus dem Dachstuhl, der Rauch war kilometerweit zu sehen. Brände in historischen Objekten stellen die Feuerwehren vor viele Herausforderungen, wie Franz Resperger vom Niederösterreichischen Landesfeuerwehrkommando dem STANDARD erläuterte.

Frage: Welche grundlegende Fragen müssen sich Einsatzleiter bei solchen Bränden stellen?

Antwort: Die zentralen Fragen sind zuerst, ob sich noch Personen im Objekt befinden, ob sich bedeutende Kulturgüter in Gefahr befinden und ob man das Feuer angreifen oder Objekte verteidigen muss, sagt Resperger. Natürlich steht die Menschenrettung an erster Stelle. Wenn bereits die Decke oder der Dachstuhl einstürzen, wie das in Notre-Dame der Fall war, kann der Einsatzleiter keine Kräfte mehr in den Innenangriff schicken. Es herrscht dann das Motto: Eigenschutz vor Fremdschutz.

Frage: Was bedeutet Angreifen?

Antwort: Laut Resperger heißt Angreifen im Normalfall, das Feuer mit einem umfassenden Innen- und Außenangriff zu bekämpfen. Sprich: Auf dem Boden rücken mehrere Trupps mit Atemschutzgeräten und Löschleitungen vor, aus der Luft wird das Feuer gezielt aus Drehleitern oder Teleskopmastbühnen bekämpft. Dabei wird immer darauf geachtet, mit dem Löschwasser so effizient wie möglich umzugehen. Denn auch Löschwasser kann dem Bauwerk statisch ordentlich zusetzen.

Ist damit zu rechnen, dass sich der Brand auf weitere Gebäudeteile ausbreitet, wird umgehend mit der Evakuierung historisch bedeutender Kunstgegenstände begonnen. Beim Brand in der Wiener Hofburg im November 1992 wurden etwa die wichtigsten Buchwerke aus der angrenzenden Nationalbibliothek gerettet.

Frage: Vor drei Jahren kritsierte der Rechnungshof, dass die zuständige Burghauptmannschaft noch immer säumig in Sachen Brandschutz sei, nachdem die Hofburg gebrannt hatte. Wurden die Mängel mittlerweile behoben?

Antwort: Die Nachrüstung sei inzwischen "großteils abgeschlossen", sagte Burghauptmann Reinhold Sahl der APA. "Wir sind damit weitgehend fertig", versicherte Sahl.Allein 12.000 Brandmelder gebe es im Komplex, dazu entsprechende Schutzpläne und eigene Sicherheitsvorkehrungen für Arbeiten am bzw. im Gebäude. Außerdem sei in der Hofburg eine eigene Feuerwache stationiert sei. Diese sei 24 Stunden sieben Tagen die Woche besetzt: "Die Mannschaft ist für Ersteinsätze sofort verfügbar." Außerdem würden mehrmals im Jahr in Zusammenarbeit mit der Berufsfeuerwehr Brandschutzübungen durchgeführt.

Frage: Vor welchen Herausforderungen stehen die Einsatzkräfte bei der Brandbekämpfung in dicht verbautem Gebiet?

Antwort: Es ergeben sich bei einem solchen Szenario verschiedene Probleme – vor allem wenn es um die Zufahrt und die Aufstellungsflächen für die Hubrettungsgeräte der Feuerwehren geht. Dabei handelt es sich um Drehleitern oder Teleskopmastbühnen. In Österreich werden bei hochgeschoßigen Neubauten von der Baubehörde bereits reservierte Flächen für Feuerwehrfahrzeuge vorgeschrieben – wobei die Einsatzkräfte immer wieder erleben, dass auch diese Flächen von Privatfahrzeugen verbaut werden, sagt Resperger.

Frage: US-Präsident Donald Trump hat Montagabend auf Twitter den Einsatz von Löschflugzeugen in Paris gefordert. Wäre das zielführend gewesen?

Trumps Forderung per Tweet.

Antwort: Die Idee, einen großflächigen Gebäudebrand mit Löschwasser aus der Luft zu bekämpfen, ist aus vielerlei Gründen nicht ratsam. Im Fall von Notre-Dame hätte das Wasser den Brand unter dem Dach nicht erreicht – zumindest nicht in jener Menge, die für einen spürbaren Löscherfolg notwendig gewesen wäre.

Zudem kann Löschwasser, das aus Flugzeugen abgeworfen wird, zusätzlich enorme Schäden verursachen. Die Fracht würde mit einem Gewicht zwischen zehn und 70 Tonnen – je nach Beladungsgewicht des Flugzeugs – auf den Brandherd krachen. Brände in historischen Objekten müssen deshalb punktgenau in Angriff genommen werden, sagt Resperger.

Der Einsatz von Löschhubschraubern wäre ebenfalls nicht zielführend gewesen, wie Glenn Corbett, Professor für Feuerwissenschaften am New York's John Jay College of Criminal Justice, sagt. Durch den Kamineffekt und den damit verbundenen thermischen Auftrieb durch so ein Feuer kann ein Helikopter nicht in heiße Luft gesteuert werden. Die Luft ist zu dünn.

Frage: Wie bereiten sich Feuerwehren in Österreich auf einen Brandeinsatz in wichtigen Kulturgütern vor?

Antwort: Im Normalfall werden besonders sensible Objekte regelmäßig von den Feuerwehren beübt, sagt Resperger. Da besteht eine enge Kooperation zwischen Kirchen, Klöstern und den Feuerwehren. Für jedes einzelne historische Gebäude existieren Brandschutzpläne, in denen beispielsweise exakt festgeschrieben ist, wo besonders sensible Bereiche zu finden sind.

Ebenso sind in diesen Plänen sowohl die Wasserentnahmestellen wie auch die Fluchtwege eingezeichnet. Sind Rauchmelder existent, sind auch deren Positionen erkennbar. Das heißt, der Einsatzleiter weiß sofort, wo welcher Melder angeschlagen hat. Wobei es natürlich nicht einfach ist, Rauchmelder nachträglich in Kirchen einzubauen. Oft steht der Denkmalschutz dem Brandschutz entgegen.

Frage: Wann kommen etwa in Niederösterreich sogenannte Katastrophenhilfszüge der Freiwilligen Feuerwehr zum Einsatz?

Antwort: Laut Resperger werden Einsätze der Niederösterreichischen Katastrophenschutzeinheiten des Landesfeuerwehrverbands vom Landesfeuerwehrkommandanten auf kurzem Wege genehmigt. Diese Einheiten kommen dann zum Einsatz, wenn man davon ausgehen muss, dass die Bekämpfung des Brand- oder Umweltereignisses hohen personellen oder technischen Aufwand über viele Stunden erfordert. (Bianca Blei, 16.4.2019)