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Das besonders gut durchgeplante Produktionssystem des Fahrzeugherstellers Toyota wurde Anfang der 1990er- Jahre zum Vorbild erkoren.

Foto: Reuters / David W. Cerny

Wien – Keine Verschwendung! Diese Aufforderung ist der Kerngedanke jener ökonomischen Schule, die sich unter Begriffen wie Lean Production oder Lean Management in den vergangenen Jahrzehnten etabliert hat. Der Steigerung der Effizienz wurde damit deutlich Nachdruck verliehen.

Ausgangspunkt war das besonders gut durchgeplante Produktionssystem des Fahrzeugherstellers Toyota, das in Studien von Forschern des Massachusetts Institute of Technology (MIT) Anfang der 1990er- Jahre zum Vorbild erkoren wurde. Aus den in den Studien abgeleiteten Prinzipien wurde eine eigene Theorie. Die "Verschlankung" wurde zum umfassenden und omnipräsenten Ansatz.

Ein Kind der Theorie in der unternehmerischen Praxis ist das Werkzeug der Wertstromanalyse. Sämtliche Material- und Informationsflüsse, alle Logistikabläufe, die Verkettung aller Prozesse in einem produzierenden Unternehmen sollen übersichtlich dargestellt werden.

Einerseits können mit diesem Tool Kennzahlen – vom gebundenen Kapital im Lager bis zu Prozess- oder Durchlaufzeiten – errechnet werden, die als wichtige Grundlagen für das unternehmerische Controlling dienen können.

Andererseits dient die Aufstellung der Simulation und der Optimierung – nach dem Motto: Wenn ich diesen einen Prozess verändere, welche Auswirkungen hat das auf mein Gesamtproduktionssystem? Eine eigens entwickelte Symbolik machte die Darstellungen zudem über Unternehmensgrenzen hinweg vergleichbar.

Spezialisiertes Softwaretool

Einst wurden die Analysen noch mit Papier und Bleistift oder mit Post-its auf Pinnwänden bestritten, später wurde Kalkulations- und Visualisierungssoftware zu Hilfe genommen. Im Forschungsunternehmen Fraunhofer Austria Research ist die Weiterentwicklung der Methodik seit Jahren ein Thema.

Ein Produkt dieser Auseinandersetzung ist "Vasco", das im Zuge einer Unternehmenskooperation entstand. "Dabei handelt es sich um ein Softwaretool, mit dem die Methodik der Wertstromanalyse effizienter angewendet werden kann", erklärt Thomas Edtmayr, Leiter der Produktionsoptimierung bei Fraunhofer Austria in Wien. Gemeinsam mit René Berndt und Kollegen vom Bereich Visual Computing in Graz wurde eine Anwendung in Form einer Erweiterung für die Visualisierungssoftware Microsoft Visio erstellt.

Anwender legen damit zuerst jeden einzelnen Schritt in der Fertigung ihres Unternehmens fest – vom Eingang der Materialien bis zum Versand des fertigen Produkts. Die so entstandene Visualisierung des Produktionsablaufs werde dann mit Zahlen, Daten, Fakten ergänzt, erläutert Edtmayr.

Wie lange dauert ein Prozess? Wie viele Mitarbeiter sind dazu nötig? Wie viel Material und Energie wird dabei verbraucht? Welche Abfälle, Abwässer und Emissionen entstehen? All diese Informationen fließen in der Modellierung eines Istzustandes zusammen. Davon ausgehend kann man beginnen, Verbesserungen abzuleiten. "Dann kann man beginnen, Prozessparameter zu verändern und zu schauen, was passiert", sagt der Forscher.

Zeitgemäße Kalkulationen in der Produktion müssen auch das Thema Nachhaltigkeit abbilden. Bei "Vasco" ist diesem Aspekt ein eigenes Modul gewidmet. Neben einer Reihe einschlägiger Kennzahlen können etwa Energieverbrauch und CO2-Emissionen auf Stückbasis eruiert werden.

Gerade im Automobilbereich – wo die Ideen von Lean Production auch ursprünglich ihren Ausgang nahmen – seien derartige Kennzahlen heute relevant, betont Edtmayr. "Wie viel Kohlendioxid in der Fahrzeugproduktion inklusive aller Komponenten emittiert wird, ist ein großes Thema. Viele Zulieferer müssen deshalb berichten, wie viel Treibhausgas bei der Entstehung ihrer Bauteile freigesetzt wurde."

Informationsflüsse

Doch auch die Digitalisierung hinterlässt ihre Spuren im Wertstromdesign: In Zeiten von Industrie 4.0 werden nicht nur Analysen, die über Unternehmensgrenzen hinweg funktionieren, immer wichtiger, sondern auch jene, die den Informationsfluss optimal managen. Fragen dahingehend, wo Informationen generiert, wo sie gespeichert und weiterverarbeitet werden, werden zu wichtigen Themen, an die sich Analysewerkzeuge wie "Vasco" anpassen. (Alois Pumhösel, 19.4.2019)