Es ist immer ausgesprochen interessant in alten Fachbüchern zu blättern. Und besonders erstaunlich und mitunter auch recht amüsant sind sehr oft die Abbildungen, die darin zu finden sind. Das ausufernd betitelte, dreibändige zoologische Werk von Johann Daniel Meyer "Angenehmer und nützlicher Zeit-Vertreib mit Betrachtung curioser Vorstellungen allerhand kriechender, fliegender und schwimmender, auf dem Land und im Wasser sich befindender und nährender Thiere, sowohl nach ihrer Gestalt und äusserlichen Beschaffenheit, als auch nach der accuratest davon verfertigten Structur ihrer Scelete oder Bein-Cörper, nebst einer deutlichen so physicalisch und anatomisch besonders aber osteologisch und mechanischen Beschreibung derselben" stellt hier keine Ausnahme dar.

Im Jahr 1748 publiziert bieten die drei Bände eine reichlich bebilderte Auswahl der damals bekannten Tierwelt. Bemerkenswert dabei ist, dass viele der Tiere samt ihrem Skelett abgebildet wurden. Mitunter ist auch nur das Skelett auf einer der detailreichen Bildtafeln zu sehen.

Ein an die Kette gelegter Affe, der eine Frucht in der Hand hält - und sein Skelett.
Foto: Public Domain
Die recht grimmig blickende orientalische Beutelratte.
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Blaumeisen zwitschern auf dem Obstbaum. Die Skelette darunter in derselben Haltung.
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Das Chamäleon. Das Skelett ruht auf einem kunstvoll gedrechselten Tischchen.
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Das Skelett der grauen Eule mit durchdringendem Blick.
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Ein wunderbarer Bildtitel für das lächelnde Faultier: "Der americanische Faule".
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"Der sceletirte Hirsch". Hier ein stolzer Zehnender.
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Das schlanke weiße Wiesel.
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Eine Fledermaus. Hübsches Skelett-Detail: die kleine Aufhänge-Schlinge um das Köpfchen.
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Recht selten zu sehen: Igel von unten. Samt dazu passendem Skelett.
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Auch der Feuersalamander: von oben und unten abgebildet.
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Und selbstverständlich auch die Landschildkröte: von oben und unten.
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Das Krokodil (inklusive Pyramide).
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Ein bisserl gruselig: "Das sceletirte Pferd worauf ein Menschengerippe sitzet".
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Aber nun für alle, die bis hierher gescrollt und sehnsüchtig darauf gewartet haben: die Gadse!

Eine "Kaz". Mehr ist dazu nicht zu sagen.
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Der Wolpertinger

Interessanterweise findet sich in diesen doch recht wissenschaftlich-korrekten Abbildungen auch ein Tier, das es gar nicht gibt. Im zweiten Teil des Werkes findet sich nämlich eine wunderbare Darstellung eines Wolpertingers. Der Wolpertinger ist ein Fabelwesen, das ursprünglich aus dem bayrischen Raum stammt. Er tritt in unterschiedlicher Form auf. Man findet ihn als Eichhörnchen mit Entenschnabel, als Marder mit den Flossen eines Hechts, oder sehr häufig als Hasen, dem ein Paar kleine Rehgeweihe aus dem Kopf ragen.

Wo genau und weshalb diese Mischwesen erfunden wurden, ist nicht geklärt. Vielleicht hat ein findiger Tierpräparator ein neues Geschäftsfeld kreiert, indem er Körperteile ausgestopfter Tiere der bayrischen Wälder zu neuen Vertretern der heimischen Fauna kombiniert und an gutgläubige Touristen verkauft hat. Der Legende nach können die sehr scheuen und genügsamen Wolpertinger jedenfalls nur von hübschen jungen Frauen bei Vollmond gesichtet werden. Und so sieht er aus, der typisch bayrische Wolpertinger:

Der Wolpertinger in seinem natürlichen Habitat.
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Das Durchstöbern der Bücher ist tatsächlich ein "angenehmer und nützlicher Zeit-Vertreib". Sollten auch Sie Interesse an den Bildtafeln gefunden haben: Die Zentralbibliothek Zürich hat alle drei Bände digitalisiert. Viel Spaß beim Blättern. (Kurt Tutschek, 26.4.2019)

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