Bei Notstandshilfe und Arbeitslosengeld gibt es regional starke Unterschiede.

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Wien – Die Lage auf dem heimischen Arbeitsmarkt hat sich auch im Vorjahr wieder verbessert. Aber immer noch bezogen mehr Menschen Notstandshilfe als Arbeitslosengeld, wie aus der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage hervorgeht, die von dem Neos-Abgeordneten Gerald Loacker eingebracht worden ist. Demnach bezogen 119.543 Personen mit dem Stichtag 31. Oktober 2018 in Österreich Arbeitslosengeld. Insgesamt 140.365 bezogen Notstandshilfe, davon rund 88.000 Personen über einen Zeitraum von mehr als einem Jahr.

Notstandshilfe kann theoretisch auf unbegrenzte Dauer im Anschluss an das Arbeitslosengeld bezogen werden und beträgt maximal 95 Prozent von diesem. Das Einkommen von Eltern oder Kindern wird dabei nicht berücksichtigt. Seit vergangenem Sommer wird auch das Einkommen von (Ehe-)Partnern nicht mehr miteinbezogen.

Positiv ist der Trend, dass im Jahresvergleich die Zahl der Notstandshilfebezieher (minus 5,3 Prozent) stärker zurückgeht als die Zahl der Arbeitslosengeldbezieher (minus 2,7 Prozent). Dabei zeigt sich, wie wichtig es ist, nicht in die Inaktivitätsfalle zu rutschen. Denn der Wermutstropfen im Vorjahresvergleich ist: Die Bezugsdauer der Notstandshilfe blieb mit durchschnittlich 870 Tagen genau gleich. Dabei wird das anfänglich bezogene Arbeitslosengeld miteingerechnet.

31,61 Euro pro Tag

Am höchsten war die Personenzahl – wenig überraschend – in der Bundeshauptstadt, wo knapp ein Viertel der Arbeitslosengeldempfänger lebt. Danach folgen Niederösterreich, Tirol und die Steiermark.

Der durchschnittliche Bezug von Arbeitslosengeld betrug 31,61 Euro pro Tag. Männer beziehen im Schnitt 34 Euro pro Tag, Frauen fünf Euro weniger. Auffällig ist auch der geringe Anstieg mit zunehmendem Alter: Der tägliche Anspruch von Empfängern über 50 liegt im Durchschnitt knapp über 34 Euro.

Zum Stand Ende Oktober war die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes bei Frauen mit durchschnittlich 101 Tagen leicht über jener der Männer mit 97 Tagen. Im Bundesländervergleich waren Frauen in Niederösterreich mit knapp 127 Tagen am längsten auf Arbeitslosengeld angewiesen. Wenig überraschend stieg die Bezugsdauer in allen Bundesländern bei Personen über 50 Jahre an. So erhielten 55-plus-Jährige im Schnitt 160 Tage lang Arbeitslosengeld.

Bei den Bezügen gibt es starke regionale Unterschiede. Wie auch beim Arbeitslosengeld gibt es auch bei der Notstandshilfe die meisten Bezieher in Wien. In der Bundeshauptstadt beziehen doppelt so viele Menschen Notstandshilfe wie Arbeitslosengeld. Ein anderes Bild zeichnet sich etwa in Tirol: Dort beziehen mehr als dreimal so viele Menschen Arbeitslosengeld wie Notstandshilfe.

Im Gegensatz zum Arbeitslosengeld beziehen Männer in Österreich durchschnittlich deutlich länger Notstandshilfe als Frauen – und zwar um ganze 219 Tage. Auch der Anspruch fällt bei Männern höher aus: Sie beziehen im Schnitt 28 Euro pro Tag, Frauen hingegen nur 24,70 Euro.

Uneinigkeit bei der Mindestsicherung

"Wir wissen, dass wir in den letzten Jahren mehr Notstandshilfebezieher als Arbeitslosengeldbezieher hatten", sagt Loacker im Gespräch mit dem STANDARD. Das sei ein Beleg dafür, dass Langzeitarbeitslosigkeit einen "überproportionalen Anteil" an der Gesamtarbeitslosigkeit habe. "Da fällt Österreich auch international auf." Das derzeitige System erfülle nach Angaben des Neos-Politikers die Funktion eines Sprungbretts zurück in den Arbeitsmarkt jedenfalls nicht.

Die Neos schlagen vor, die Notstandshilfe mit der Mindestsicherung zu einem "Bürgergeld" zu verschmelzen. Die übrigen Oppositionsparteien lehnen diesen Vorschlag strikt ab. Die türkis-blaue Reform der Mindestsicherung sieht dergleichen nicht vor. Stattdessen will die Regierung das Arbeitslosengeld mit der Notstandshilfe verschmelzen. Konkretes zur Anspruchsdauer und Höhe der neuen Leistung ist noch nicht bekannt. (lauf, slp, 19.4.2019)