In Österreich ist der geförderte Wohnbau noch intakt und dämpft insgesamt den Preisanstieg.

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In Berlin und anderen deutschen Städten gehen Menschen wegen explodierender Wohnkosten auf die Straße. In Österreich wird zwar auch über steigende Mieten geklagt, aber die Situation ist weniger angespannt. Der Hauptgrund: Während in Deutschland in den 1990er-Jahren die meisten gemeinnützigen Bauträger privatisiert wurden, ist hierzulande der geförderte Wohnbau, der nicht auf Gewinne ausgerichtet ist, noch intakt und dämpft insgesamt den Preisanstieg. Aus aller Welt reisen Kommunalpolitiker und Experten nach Wien, um das Erfolgsmodell zu studieren.

Es ist daher zu begrüßen, dass die Bundesregierung sich von Anfang an zur Gemeinnützigkeit bekannt hat und diese auch im nun vorliegenden Gesetzesentwurf nicht infrage stellt. Dass das Vermögen der gemeinnützigen Bauträger in Zukunft abgesichert wird und nicht mehr so leicht in privaten Besitz wechseln kann, bringt sogar eine Verbesserung. Sonst aber hätte es – anders als beim völlig vertrackten Mietrecht, das dringend repariert gehört – keinen dringenden Anlass gegeben, das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz zu novellieren.

Worum es Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck in ihrem Entwurf geht, ist leicht erkennbar: die Stärkung des Eigentums gegenüber der Miete, die ÖVP-Politiker seit jeher verlangen. Das ist eine rein ideologische Position ohne praktische Begründung. Die Bewohner größerer Städte sind mit dem hohen Anteil an Mietwohnungen bisher sehr gut gefahren – zumindest dort, wo es unbefristete Mieten gibt. Wer einen abgesicherten Mietzins für seine Wohnung zahlt, muss sich nicht mit Bankschulden herumschlagen. Und ob sich Immobilienvermögen wirklich so gut für die Altersvorsorge eignet, wie die Regierung behauptet, ist fraglich. Denn Häuserpreise – das weiß man seit der Weltfinanzkrise – können auch wieder fallen.

Zwangsbeglückung

Viele gemeinnützige Mietwohnungen wurden in den vergangenen Jahren mit einer Kaufoption ausgestattet, von der jedoch nur eine Minderheit Gebrauch gemacht hat. Denn diese muss man sich erst leisten. Während SPÖ-Politiker diese Option ganz abschaffen wollen, was die Wahlmöglichkeit eingeschränkt hätte, will die Regierung den Bewohnern die Umwandlung von Miete zu Eigentum mit aller Kraft schmackhaft machen – eine wertkonservative Zwangsbeglückung. Wenn das funktioniert, und das ist gar nicht sicher, gibt es zwar möglicherweise mehr zufriedene Eigenheimbesitzer, aber weniger leistbare Wohnungen auf dem Markt. In Zeiten des immer knapperen Angebots ist das keine sinnvolle Wohnpolitik.

Zum Glück berührt die Reform nicht die Wiener Gemeindewohnungen. Denn diese bieten Niedrigverdienern die beste Chance auf leistbares Wohnen und tragen dank der sozialen Durchmischung entscheidend zur Integration von Migranten in der Bundeshauptstadt bei. Diese zu privatisieren, wie es die ÖVP gelegentlich fordert, wäre ein schwerer Fehler.

Bereits das rote Wien hat den Zugang zu Gemeindewohnungen für Zuwanderer erschwert; Türkis-Blau kopiert dies nun bei gemeinnützigen Wohnungen. In der Praxis wird dies nicht viel bewirken, denn diese gut ausgestatteten Wohnungen sind nur für wenige neue Migranten leistbar. Aber das politische Signal ist ärgerlich: An einem funktionierenden System wird herumgefummelt, um muffige ideologische Duftmarken zu setzen und wieder einmal etwas gegen Ausländer zu tun. (Eric Frey, 18.4.2019)