Dieses Mal war es ein Tweet. Um die Anwaltsserie The Good Fight zu bewerben, postete CBS All Access ein Bild aus der neuen Folge. Darauf war eine Liste mit Schlagwörtern zu sehen, und ein Finger, der auf das Wort "Fake News" zeigte und schlichter Hinweis hätte sein sollen, worum es in der nächsten Folge geht. Dass es anders kam, lag an den ersten drei Begriffen auf der Liste. Dort standen die Worte "ermorden", "Präsident", "Trump".

Mehr haben sie nicht gebraucht.

Das Netz kochte tagelang, CBS sah sich zu einer Klarstellung genötigt: nicht beabsichtigt, bla, bla, bla. Doch da kam schon der nächste Eklat. In einer weiteren Folge hält JayDi Persia (Nyambi Nyambi), Hausdetektiv der Anwaltskanzlei Reddick, Boseman & Lockhardt, einen Monolog zur Frage, ob es erlaubt sei, Nazis zu schlagen, welche er abschließend eindeutig positiv beantwortet. "Frechheit!", schrien wie auf Kommando die Konservativen, die Serie rufe zu Gewalt auf, gegen eine – Achtung, jetzt kommt's – "politische Gruppe". Am Mittwoch, 24. April, startet auch hierzulande die dritte Staffel von The Good Fight auf Fox.

Rotten Tomatoes TV

Es ist kein Zufall, wenn diese Serie Thema auf Politseiten von US-Medien wird. The Good Fight spielt eine Rolle.

Das war von Anfang an so.

Als sich Robert und Michelle King und Phil Alden Robinson nach dem Ende von The Good Wife 2016 entschieden, der Serie ein neues Kapitel hinzuzufügen, sah die Welt noch ganz anders aus. 2017 war das Jahr, in dem Hillary Rodham Clinton Präsidentin hätte werden sollen, wenn alles mit normalen Dingen zugegangen wäre. Die Drehbücher waren fertig, Christine Baranski, die schon in The Good Wife die geforderte toughe Anwältin Diane Lockhardt war, hätte diese auch in dem Spin-off weiter sein sollen. Es hätte wie bisher um Recht und Gerechtigkeit, um Verbrechen, Strafe, Schuld und Sühne gehen sollen, um die Geschichten von Tätern, von Opfern, um Karrierismus, Mobbing, Gleichberechtigung, Wehrhaftigkeit, die ganze Bandbreite, die schon The Good Wife in sieben Staffeln klar und konsequent verhandelte.

Nicht irgendeine Serie

Der Grund, warum The Good Fight schließlich nicht irgendeine Serie wurde, sondern eine, die sich in der US-amerikanischen Alltagskultur als lebensnotwendige Vitalkraft eines liberalen Amerika erwies, heißt Donald Trump. Die Wahl des US-Präsidenten war für die freien Geister Hollywoods ein schwerer Schlag, den die Kings und Robinson nach einer Schrecksekunde mit der ihnen zur Verfügung stehenden Methode verarbeiteten: einem neuen Drehbuch.

In dem ließen sie Diane Lockhardt den Schock spüren, den die Showrunner selbst erlebt hatten und der einen Strategiewechsel dringend nötig werden ließ. Diane zog es mit der Nachricht vom Wahlergebnis den Boden unter den Füßen weg, wenig glamourös kam sie in einer neuen Kanzlei mit mehrheitlich afroamerikanischen Anwälten unter, wo sie nicht von allen mit Freude empfangen wurde. Sie blieb trotzdem und verhandelt seither drinnen und draußen zeitgemäße Fälle auf dem schmalen Grat des Rechtswegs zu drängenden Fragen der Zeit: Hasspostings, Pressefreiheit, Diskriminierung, Finanzkriminalität, aber auch mit sehr direkten Bezügen wie Geschichten rund um Stormy Daniels, Mueller-Report und Justizbehinderung. The Good Fight ist nach The West Wing zweifellos die politischste Serie der USA mit einer klaren Botschaft: Dieser Präsident ist eine Katastrophe für alle, die an das Rechtssystem glauben.

Das setzt sich in der neuen Staffel fort (Achtung, jetzt kommt ein Spoiler!)

Statt in Schockstarre betritt in der dritten Staffel eine rundum zufriedene Diane Lockhardt die Szene. Doch das private Glück währt nicht lange. Zunächst kommt die dunkle Vergangenheit des verstorbenen Seniorchefs Carl Reddick zutage, die ein moralisches Dilemma aufwirft. Fliegt die Schandtat des Altanwalts auf, gefährdet das den Ruf der Kanzlei. Also: Selbstanzeige oder tun, wie alle – zahlen und vertuschen, weil es eh nichts hilft? "Ich kann es mir gerade nicht leisten, empört zu sein, das heißt aber nicht, dass ich nicht empört bin", sagt Kanzleichef Adrian.

Das Zauberwort? Es heißt "Verschwiegenheitserklärung" und hat in der Trump-Ära eine besondere Bedeutung. Amerika im Jahr drei unter Donald Trump ist ebenfalls das Jahr drei von The Good Fight. Die Anwälte wirken abgeklärter und härter. Diane Lockhardt, die am Beginn der Serie Selbstzweifel plagten, setzt jetzt alles auf eine Karte: "Widerstand".

Harte Zeiten verlangen harte Maßnahmen. Karate hilft nicht mehr, weshalb Diane zum Zielschießen mit dem Hackebeil antritt. Auch das ist eine der Seiten von The Good Fight: das alles nicht mehr so ernst zu nehmen. "Warum haben wir jetzt die fiesen kleinen Spießer mit zurückgeschleimten Haaren und Duftwässerchen? Was wurde aus Paul Newman und Burt Lancaster?", fragt Diane am Abend beim Einschlafen. Und die Antwort darauf kommt von einem imaginierten Donald Trump, der im Bett daneben liegt und sagt: "Ich bin der glücklichste Mensch."

Foto: Fox/CBS

Der Geist des US-Präsidenten schwebt auch über dieser Staffel und geht sogar so weit, dass ihm als @donwatchesfight ein eigener Twitter-Account eingerichtet wurde, wo er etwa einen Handlungsstrang um einen (erfundenen) Pornostar namens Tara Strokes glaubwürdig kommentiert: "Diese Tara Strokes ist hübsch genug, um meine Tochter zu sein. Gutes Casting. Ich würde nicht mit Pornostars schlafen, aber wenn, dann ist sie definitiv im Stadion."

Die Absurdität des Daseins auch im nichtpolitischen Leben zu überhöhen, das konnten sie schon bei Ally McBeal, und Zitate daraus mögen in The Good Fight zu erkennen sein: in skurrilen Anwaltskollegen (Michael Sheen), Geständnissen auf der Bürotoilette, Tobsuchtsanfällen von Richtern, einer aufgeweckten Assistentin, die den "Fluch der kleinen Menschen" beschwört und neuerdings Junganwältin Maia Rendell (Rose Leslie), die in dieser Staffel zumindest in den ersten beiden Folgen, die DER STANDARD vorab sah, humorvolle Maßnahmen zur Selbstfindung ergreift. Im Widerstand sind sie hier irgendwie alle.

Und ganz nebenbei kommen sie dann doch wieder, die Themen der Zeit, etwa die Vereinbarkeit von Karriere und Mutterschaft, etwa bei Lucca, die sich entscheiden muss und sich dem Neugeborenen mitteilt: "Ich habe das Gefühl, ich verpasse etwas, wenn ich bei dir bin. Und dann fühle ich mich physisch krank, wenn ich nicht bei dir bin. Was soll ich tun?" Der Nachwuchs furzt als Antwort, Lucca versteht es als Zeichen – und nimmt den Job an. Ex lege gewissermaßen. (Doris Priesching, 24.4.2019)

Warum Doris Knecht für The Good Fight schwärmt, hören Sie hier im STANDARD-Podcast Serienreif im Gespräch mit Doris Priesching: