"Die Stadt Wien, die einstige Hochburg der Monarchie, ist auf dem Wege zur kriminellen Hauptstadt des Staates Österreich. Wie die Ratten hausen sie da, die illegal nach Österreich Eingedrungenen." So schrieb am 27. Dezember 2018 der Chefredakteur des steirischen Regionalmagazins "Süd-Ost Journal". Der österreichische Presserat sieht darin einen Verstoß gegen den Ehrenkodex für die österreichische Presse.

Im Artikel geht es unter anderem um die Flüchtlingssituation im Jahr 2015 und um Kriminalitätsprobleme in Wien. Eine Leserin kritisierte, dass hier Migranten ihrer Ansicht nach pauschal diffamiert werden. Die Medieninhaberin nahm am Verfahren vor dem Presserat nicht teil.

Tiermetaphern für Personengruppen sind abzulehnen

Der Senat 1 kam zum Schluss, dass Tiermetaphern für Personengruppen aus medienethischer Sicht grundsätzlich abzulehnen sind. Tiermetaphern wie "Wanzen", "Ungeziefer" oder "Schweine" wurden bereits von den Nationalsozialisten benutzt, um Minderheiten, politische Gegner und Straftäter zu entmenschlichen.

"Auch die im vorliegenden Fall verwendete Tiermetapher (Ratten) wurde in der NS-Zeit für bestimmte Personengruppen gezielt eingesetzt", argumentiert der Senat weiter. Derartige Metaphern seien "zwangsläufig von Vernichtungsfantasien begleitet. Ratten dürfen ausgerottet werden. Dieser menschenunwürdige Begriff diskreditiert die Gruppe der Flüchtlinge als solche."

Der Senat bewertet die Verwendung des Wortes Ratten für eine Personengruppe als Pauschalverunglimpfung und Diskriminierung (Punkt 7 des Ehrenkodex) und fordert den Medieninhaber auf, die Entscheidung freiwillig zu veröffentlichen. (red, 19.4.2019)