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Kemal Kilicdaroglu wurde bei dem Angriff ins Gesicht geschlagen.

Foto: AP/Ozalp

Ankara – Nach dem Angriff auf den türkischen Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu hat die Polizei sechs Verdächtige festgenommen. Einer davon sei Mitglied der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP, schrieb Parteisprecher Ömer Celik am Sonntag auf Twitter. Es werde ein Ausschlussverfahren eingeleitet. Die Verdächtigen würden in Ankara verhört, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu.

Präsident Recep Tayyip Erdogan teilte via Twitter mit: "Wir können Gewalt niemals gutheißen. Wir sind gegen jede Art von Terror und Gewalt."

Angriff bei Beerdigung

Kilicdaroglu war am Sonntag auf der Beerdigung eines Soldaten von einem Mob angegriffen worden. Seine Leibwächter brachten ihn zunächst in ein nahe gelegenes Haus und dann in einem gepanzerten Fahrzeug in Sicherheit. Die genauen Hintergründe der Tat sind noch immer unklar.

Der Soldat war am Samstag in einem Gefecht mit der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) getötet worden. Erdogan hatte Kilicdaroglu und seiner Partei vor der Kommunalwahl vom 31. März wiederholt PKK-Unterstützung vorgeworfen. Die AKP hatte die Hauptstadt Ankara und die Metropole Istanbul an die CHP verloren.

Dämpfer

In der Partei des türkischen Präsidenten regt sich unterdessen Kritik am Kurs bei den Kommunalwahlen. "Die Wahlresultate zeigen, dass die politischen Bündnisse unserer Partei geschadet haben", erklärte der frühere Ministerpräsident und führende Vertreter der AKP, Ahmet Davutoglu. Die Bündnisse seien auch nicht gut für die Identität der Partei gewesen.

Bei den Wahlen hatte die AKP ein Bündnis mit der nationalistischen MHP angetreten. Erdogan hatte sich stark im Wahlkampf engagiert. Vor allem der Verlust Istanbuls ist ein herber Dämpfer für das Staatsoberhaupt. Die größte türkische Stadt wurde 25 Jahre lang von der AKP und islamisch-konservativen Parteien kontrolliert.

Der SPÖ-Spitzenkandidat für die EU-Wahl, Andreas Schieder, und die SPÖ-Abgeordnete Nurten Yilmaz kritisierten unterdessen den Umgang der AKP mit der Opposition. "Das Klima, das Erdogan geschaffen hat, ist eines, das eines demokratischen Umgangs mit der Opposition nicht würdig und sogar brandgefährlich ist", erklärte Schieder laut Aussendung vom Montag zu den jüngsten Ereignissen rund um die Istanbuler Bürgermeister-Wahl und die Angriffe auf Kilicdaroglu. "Die politische Stimmung ist derart aufgeheizt, dass schon wenig genügt, um es zu Übergriffen und Tätlichkeiten kommen zu lassen", stellte Yilmaz fest. Nur eine sofortige Abrüstung der Worte "kann hier Schlimmstes verhindern", so die beiden Politiker. (APA, 22.4.2019)