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Die Provinz Golestan war von den Überschwemmungen besonders betroffen.

Foto: Tasnim News Agency/via REUTERS

Zuerst zu wenig und dann viel zu viel: Der Iran leidet nach einer langen Dürreperiode seit Wochen unter starken Regenfällen. Mehrere Provinzen sind überschwemmt, aus dem Ausland ist kaum Hilfe zu erwarten. Nun aber ist der Irak mit der Entsendung einer Gruppe aus dem schiitischen Milizenverband Hashd al-Shaabi dem Iran zu Hilfe gekommen. Zivile Truppen dieser Organisation, die mithilfe des Iran im Irak Fuß gefasst und gegen radikale Islamisten gekämpft haben, wollen nun "ihren iranischen Brüdern helfen".

Obwohl sie legal und wohl mit Unterstützung der Revolutionsgarde in den Iran gekommen sind, wurden Stimmen laut, die die Absichten der Truppe hinterfragen. Iranische Medien fragen, wer die Genehmigung erteilt hat und ob die Regierung Präsident Hassan Rohanis davon informiert war.

Sollen sie der Revolutionsgarde bei eventuellen Unruhen in Provinzen, die am meisten unter den Regenfällen gelitten haben, zu Hilfe eilen – oder könnte es sich um eine indirekte Antwort auf den Beschluss der USA handeln, die die Revolutionsgarde als terroristische Organisation eingestuft hatte? Will man damit womöglich sogar sagen, dass der Iran im Fall eines Krieges nicht allein dasteht?

Inzwischen werden vor allem die Provinzbehörden wegen ihrer am Anfang unterlassenen Hilfe kritisiert. Der iranische Rote Halbmond hat offiziell bekanntgegeben, dass wegen der Sanktionen keine Hilfe aus dem Ausland in den Iran geflossen und nur eine geringe Menge an Hilfsgütern eingetroffen ist.

Ahmadi-Nejad schweigt

Kaum ein Tag vergeht, an dem sich Politiker und Regierungsbeamte nicht über Hilfsleistungen äußern, nur einer scheint von der Bildfläche verschwunden zu sein. Ex-Präsident Mahmud Ahmad-Nejad hat sich weder mit Aussagen über Hilfsleistungen noch mit Kritik zu Wort gemeldet. Das bestärkt Vermutungen, er stehe unter Hausarrest und soll sich nicht mehr in die Politik einmischen.

Sein früherer Vize und mehrere Ex-Mitglieder seiner Regierung sitzen entweder im Gefängnis oder stehen wegen Korruptionsvorwürfen unter Anklage. Der neue Justizchef, Ebrahim Raisi, scheint rigoroser gegen die Ex-Regierungsmitglieder vorzugehen.

Sicher ist, dass, sobald sich die Wolken über dem Iran gelichtet haben und die Regenfälle zu Ende sind, wieder jene Stimmen laut werden, die von einer Einmischung der Revolutionsgarde in die Politik gewarnt hatten.

Nach Ansicht zahlreicher Kommentatoren haben die USA und vor allem Donald Trump der Revolutionsgarde, die im Iran seit Monaten in der Kritik stand, indirekt geholfen, weil sie diese als Terrororganisation eingestuft haben. Niemand traut sich nun noch, die Garde zu kritisieren, weil ihn dies als antirevolutionär oder USA-freundlich brandmarken würde.

Die Vermutung, dass nach der Regierung Rohanis in zwei Jahren die Revolutionsgarde mit der Kandidatur Ghasem Soleimanis, des Befehlshabers der Ghods-Brigade – des im Ausland operierenden Teils der Revolutionsgarde –, die Macht übernehmen kann, wird von Tag zu Tag wahrscheinlicher. (Amir Loghmany aus Teheran, 22.4.2019)