Eine mit den Worten "Judas 2019" und "Verräter" beschriftete Strohpuppe wurde an einem Beleuchtungsmast aufgehängt.

APA/AFP/HUBERT LEWKOWICZ

Ein in Polen begangener Karfreitagsbrauch mit deutlich antisemitischen Zügen sorgt auch Tage danach für weltweite Empörung. Der World Jewish Congress verurteilte die "entsetzliche Wiederbelebung von mittelalterlichem Antisemitismus". "Wir können nur hoffen, dass die Kirche und andere Institutionen ihr Bestes tun werden, um diese fürchterlichen Vorurteile zu überwinden, die ein Schandfleck auf Polens gutem Namen sind", sagte WJC-Präsident Robert Singer in einer Aussendung.

Am Wochenende waren verstörende Bilder aus der südostpolnischen Kleinstadt Pruchnik aufgetaucht: Eine mit den Worten "Judas 2019" und "Verräter" beschriftete Strohpuppe wurde am Karfreitag in einem rituellen "Judasgericht" zum Tod verurteilt und an einem Beleuchtungsmast aufgehängt.

Auch von Kindern geschlagen

Unter dem anfeuernden Johlen zahlreicher Schaulustiger wurde die Judas-Puppe anschließend durch Straßen gezerrt, von Erwachsenen und Kindern mit Stöcken geschlagen und schließlich geköpft, angezündet und brennend in einen Bach geworfen. Die Regionalzeitung "Ekspres Jarosławski" filmte dabei mit.

Das Aussehen der Figur entspricht mit krummer Nase, orthodoxer Kopfbedeckung und Haartracht der klischeehaften Judendarstellung, die auch in nationalsozialistischer Zeit von Antisemiten verwendet wurde.

Polnischen Medienberichten zufolge ist der Brauch von der katholischen Kirche wegen seiner antisemitischen Ausrichtung untersagt und zuletzt im Jahr 2009 durchgeführt worden. Wer die diesjährige Initiative organisiert habe, sei nicht bekannt. (maa, APA, 23.4.2019)