Honigbienen vor dem Versuchs-Rapsfeld in Schweden.

Foto: Maj Rundlöf

Die Forscher untersuchten die Wirkung des Neonicotinoids Clothianidin auf Bestäuber.

Foto: Maj Rundlöf

Dass Insektizide auf Basis von sogenannten Neonicotinoiden eine Gefahr für Bestäuber wie Bienen und Hummeln sind, wurde schon in zahlreichen Studien nachgewiesen. Einzelne Neonicotinoide wirken dabei unterschiedlich auf verschiedene Arten, wie Forscher mit Daten aus Feldversuchen in "Nature Communications" zeigen: Das Mittel Clothianidin habe keine nachweisbaren negativen Folgen für Honigbienen, störe aber das Wachstum von Hummeln massiv und bedrohe das Überleben ganzer Völker.

Die Daten der Studie eines internationalen Teams stammen von einem Forschungsprojekt in Südschweden: 2013 wurden dafür 96 Honigbienenvölker an Rapsfeldern angesiedelt, bei denen die Samen der Pflanzen zuvor entweder mit dem Neonicotinoid Clothianidin behandelt wurden oder nicht. Die Forscher beobachteten genau, wie sich die Völker entwickelten, suchten nach typischen Krankheitserregern und analysierten auch den von den Honigbienen eingesammelten Pollen.

Forschung im Freiland

Ein Jahr später wurde der Versuch dann noch einmal mit einem Teil der Honigbienenvölker des ersten Versuchsjahrs wiederholt. "Die meisten vorherigen Studien zu den negativen Folgen von Neonicotinoiden auf Bienen fanden im Labor statt. Das Projekt sollte die Frage klären, ob sich die Ergebnisse aus dem Labor auch im Feld bestätigen lassen", sagte Julia Osterman (Uni Halle-Wittenberg und Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung), Erstautorin der Studie.

Bereits 2015 sorgte das Forscherteam mit einer Veröffentlichung in "Nature" für Aufsehen, in der es vor allem die negativen Folgen des Insektengifts für Wildbienen beschrieb. In der neuen Studie erweiterten die Wissenschafter die vorangegangenen Erkenntnisse um zahlreiche Details. Ein Schwerpunkt der neuen Studie war die Frage, ob Hummeln und Honigbienen durch Pflanzenschutzmittel anfälliger für Krankheiten werden können.

Bienenvölker besser dran

Hierfür fanden die Forscher jedoch keine Belege. Stattdessen machten sie in den Völkern, die neben dem mit Clothianidin behandelten Raps angesiedelt worden waren, weniger Krankheitserreger aus. Die Analyse ihres Pollens belegte aber, dass die Honigbienenvölker mit dem Neonicotinoid in Kontakt gekommen waren, während der von den Kontrollvölkern gesammelte Pollen fast keine Spuren des Gifts aufwies. Auch die Größe der Honigbienenvölker blieb konstant.

"Honigbienenvölker können wohl aufgrund von ihrer enormen Größe negative Auswirkungen auf individuelle Bienen deutlich besser kompensieren als Solitärbienen oder Hummeln", sagte Osterman. Anders sah die Sache für Hummeln aus: Lebten diese in der Nähe von mit Clothianidin behandelten Feldern, waren ihre Nachkommen nicht nur deutlich kleiner, die Völker brachten auch wesentlich weniger Königinnen und männliche Drohnen hervor. "Da bei Hummeln nur die neugeborenen Königinnen überwintern, ist der negative Einfluss auf deren Anzahl besonders besorgniserregend", erklärt Co-Autor Dimitry Wintermantel vom Französischen Institut für Agrarwissenschaften INRA.

Neue Risikobewertung?

Die Ergebnisse verdeutlichen den Forschern zufolge die Bedeutung von Versuchen an Wildbienen für die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln. Gleichzeitig lege die Studie nahe, dass es schwierig sein kann, Ergebnisse aus Laborversuchen auf Bedingungen in freier Wildbahn zu übertragen. Beides könnte bedeuten, dass die Risikobewertung für Pflanzenschutzmittel möglicherweise geändert werden müsste.

Aufgrund ihrer bienenschädlichen Wirkung hat die Europäische Union 2018 den Einsatz von drei der fünf gängigen Neonicotinoide, darunter auch Clothianidin, im Freiland verboten. Deshalb müssen Bauern nun auf alternative Pflanzenschutzmittel zurückgreifen. "Allerdings ist noch unklar, inwiefern Bienen von diesen beeinflusst werden und wie sich der Anbau von Massentrachten wie Raps in Europa aufgrund des Verbotes verändert", so Osterman. (red, 29.4.2019)