Am Donnerstag treffen die Staatschefs Nordkoreas und Russlands aufeinander.

Foto: APA/AFP/STR

Die schwarze Limousine ist schon da. Am Dienstag wurde das Panzerfahrzeug von Nordkoreas Staatschef Kim Jong-un in Wladiwostok ausgeladen. Fahrer und Leibwache des "Obersten Führers" begutachteten das Universitätsgelände auf der zur Stadt gehörenden Insel Russki, die zum Apec-Gipfel 2012 auf Vordermann gebracht wurde. Kim soll dort residieren. Die Studenten freut's: Sie haben die Woche freibekommen. Die Skipper weniger: Die gesamte Wasserfläche um die Insel wurde vom Grenzschutz weiträumig gesperrt.

Bei Sicherheitsfragen verlässt sich Kim nicht auf russische Silowiki. Immerhin ist es sein erster Besuch in Russland. Am Dienstag landeten daher gleich zwei Sonderflüge aus Pjöngjang in Wladiwostok. An Bord sollen vor allem nordkoreanische Geheimdienstler gewesen sein. Als südkoreanische Journalisten deren Ankunft filmen wollten, wurde einer der Passagiere handgreiflich, schlug dem Korrespondenten die Kamera aus der Hand.

Kim selbst kommt im Panzerzug. Sein Vater Kim Jong-il fuhr 2011 mit diesem immerhin bis in die sibirische Republik Burjatien und zehn Jahre zuvor sogar die gesamte Transsib bis nach Moskau. Die Reise des jungen Kim ist kürzer. Laut Medienberichten wird er bereits heute, Mittwochabend, mit seiner Delegation – 230 Personen – in Wladiwostok eintreffen.

Bloß nicht zu Fuß

Aus diesem Grund hat die russische Bahn nicht nur eine Reihe von Nahverkehrszügen vom Fahrplan gestrichen, sondern auch die Ausfahrt im Bahnhof von Wladiwostok tiefergelegt. Ansonsten hätte die Panzerlimousine nicht passieren können und der "Genosse Kim Jong-un, der große Nachfolger der Juche-Revolution (Juche steht für Selbstgenügsamkeit) und der außerordentliche Führer von Partei, Militär und Volk", die Schritte vom Gleis zur Straße zu Fuß zurücklegen müssen.

Das Treffen mit Putin ist für Donnerstag geplant. Laut Kreml-Sprecher Dmitri Peskow wird es bei den Gesprächen vor allem um "die Entwicklung der bilateralen Beziehungen" und "die Erörterung von Problemen bei der Entnuklearisierung" gehen. Redebedarf gibt es durchaus. Kim wird Putin wohl seine Sicht der gescheiterten Atomverhandlungen mit US-Präsident Donald Trump darlegen. Moskau gilt als traditioneller Verbündeter Pjöngjangs und hat auch als Teil der Sechsergruppe, in deren Rahmen das nordkoreanische Atomprogramm seit Jahren verhandelt wird, eine eher weiche Haltung gegenüber den Raketentests eingenommen.

Ausbau des Handels

Zwar hat Russland seinerzeit die Sanktionen der UN gegen Pjöngjang wegen der Atomtests mitgetragen – doch das Interesse an der Wiederbelebung des Handels, der 2018 um 56 Prozent auf 34 Millionen Dollar eingebrochen ist, teilen Moskau und Pjöngjang gleichermaßen. Dem Vernehmen nach wollen beide Seiten ein neues Abrechnungsschema besprechen, um Probleme mit den Sanktionen zu umgehen. Angedacht ist die Aufnahme eines zwischenstaatlichen Tauschhandels.

Auf die Agenda könnten auch noch größere Infrastrukturprojekte gelangen. Der Bau einer neuen Brücke über den Grenzfluss Tuman ist dabei das konkreteste Projekt. Russland ist darüber hinaus seit langem daran interessiert, sich am Neubau der Transkoreabahn zu beteiligen. Pilotprojekte dazu gibt es schon, so hat etwa die russische Bahn 2013 eine 54 Kilometer lange Strecke bis zum nordkoreanischen Hafen Rajin eingeweiht.

Zudem hegt Gazprom immer noch Pläne, eine Pipeline nach Südkorea zu bauen. Nordkorea könnte als Transitland von den Energielieferungen profitieren. Der Politologe Dmitri Schuraljow ist optimistisch, dass der Gipfel Ergebnisse liefert. Es sei eine Besonderheit Nordkoreas, dass ihre Führer nur zu Veranstaltungen kommen, wenn vorher bereits klar sei, dass es Resultate zu vermelden gebe, argumentierte er.

Zumindest hat sich Kim Zeit genommen. Während Putin nach China weiterreist, wird Kim noch einen Tag Kulturprogramm in Wladiwostok genießen. (André Ballin aus Moskau, 23.4.2019)