Man könnte behaupten, bei Richard Strauss‘ Salome sei im schillernden Orchesterpart ja nahezu alles Wesentliche an Drama, Besessenheit und verzücktem Wahnsinn enthalten. Und tatsächlich steigt es an der Staatsoper vielschichtig aus dem Graben empor. Dirigent Michael Boder lässt das Staatsopernorchester farbprächtig und pointiert leuchten. Verspielt, ausgelassen und, wenn nötig, auch geordnet brutal klingt es an diesem Abend.

Alles also dabei, was das instrumentale Herz begehrt. Für manch Stimme allerdings ist es bisweilen ein wenig zu viel, wobei dies nicht groß zu bedauern war. Gun-Brit Barkmin ist von Anbeginn an eine Salome light. Es fehlt an tragfähigen Tönen abseits hochexpressiver Stellen. In den heftigsten Passagen, wenn sich der Wahn des Begehrens exzessiv entfaltet, bewegt sie sich allerdings auch vor allem schrill am Rande der Überforderung. Wie jeder, die diese Partie übersteht, gebührt auch Barkmin Respekt. Es mischt sich darin aber auch etwas Sorge um diese Stimme.

Ein seltsames Paar

Darstellerisch gab es nur so etwas wie gute Sekunden: Wenn Salome ihre Hand nach dem bärtigen Jochanaan (respektabel Markus Marquardt) aussteckt und sie dieser scheinbar zärtlich umfasst, ist ein Hauch von intimer Interaktion zu erleben. Ansonsten herrscht szenische Unterversorgung; der Schleiertanz hatte – dazu passend – etwas Hilfloses.

Immerhin vokale Trostmomente abseits des seltsamen Paares – etwa bei Herwig Pecoraro: Als notgeiler Herodes verleiht er Gier und Ekel der Figur impulsiv Ausdruck und kommt mit strahlenden Tönen gut über die Orchesterwogen. Auch der klangschön betörende Jörg Schneider (als Narraboth) war im Emotionstumult ein Gewinn wie auch Ulrike Helzel (als Page) und Jane Henschel, die als Herodias dramatische Rufzeichen setzte.

Vor allem das Orchester formte den Abend aber zur Besonderheit, auch wenn im Instrumentalen doch nicht alles enthalten sein konnte, was diese Oper ausmacht. (tos, 23.4.2019)