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Tschechien ist heute stark atheistisch geprägt.

Foto: AP/Petr David Josek

Prag – Das tschechische Abgeordnetenhaus hat das Veto des Senats zur umstrittenen Besteuerung der Kirchenrestitution überstimmt. Für die Gesetzesvorlage stimmten 114 von 181 anwesenden Abgeordneten, vor allem der Protestbewegung ANO von Premier Andrej Babis, der mitregierenden Sozialdemokraten (CSSD), der Kommunisten und der rechtspopulistischen Partei "Freiheit und Direkte Demokratie" (SPD).

57 Abgeordnete der liberal-konservativen Opposition waren dagegen. Bei der Abstimmung im Senat Ende Februar hatten auch mehrere Sozialdemokraten gegen die Besteuerung gestimmt.

Im Jänner hatte das Abgeordnetenhaus bereits die Besteuerung der Kompensationen beschlossen. Im Februar lehnte die zweite Parlamentskammer, der Senat, die Vorlage jedoch ab. Die Neuregelung wandert nun noch zu Staatspräsident Milos Zeman.

Verfassungsgerichtshof wird wohl angerufen

Höchstwahrscheinlich wird in der Causa jedoch der Verfassungsgerichtshof das letzte Wort haben, weil die Senatoren bereits früher eine entsprechende Klage für diesen Fall angekündigt hatten. Die Besteuerung der Kirchenentschädigungen zählt zu den Bedingungen der Kommunisten zur Duldung der Minderheitsregierung von ANO und CSSD.

Das Kirchenentschädigungsgesetz war 2013 mit den Stimmen der damaligen liberal-konservativen Koalition verabschiedet worden. Es sieht die Rückgabe von rund 56 Prozent des einstigen, von den Kommunisten beschlagnahmten Kirchenbesitzes im Wert von 75 Mrd. Kronen (2,92 Mrd. Euro) vor. Parallel dazu sollen im Laufe von 30 Jahren finanzielle Entschädigungen in Höhe von 59 Milliarden Kronen plus Zinsen ausgezahlt werden.

15 Millionen Euro

Die bisher steuerfreien Zahlungen sollen laut der umstrittenen Vorlage ab 2020 besteuert werden. Der jetzige Beschluss bedeutet eine Kürzung der jährlichen Zuwendungen um knapp 15 Millionen Euro.

Die Kommunisten hatten die Glaubensgemeinschaften in der damaligen Tschechoslowakei nach ihrer Machtübernahme im Februar 1948 nach und nach enteignet. Rund 80 Prozent der Entschädigungszahlungen entfallen auf die katholische Kirche. Tschechien ist heute stark atheistisch geprägt. Bei der vergangenen Volkszählung im Jahr 2011 bekannten sich nur 20,8 Prozent der Befragten zu einer Glaubensgemeinschaft. (APA, 23.4.2019)