Eine rot-weiß-rote Flagge auf dem Hospiz in Jerusalem.

Foto: www.hudelist.com

Im Nahen Osten läuft selten etwas nach Plan. Das mussten auch die Erbauer des Österreichischen Hospizes Ende des 19. Jahrhunderts feststellen: Sie wollten das Pilgerhaus in der Jerusalemer Altstadt erdbebensicher und daher auf einem Felsen errichten. Doch beim Graben stellten sie fest: Da war keiner. Sie buddelten tiefer und tiefer, 14 Meter hinab, bis das Gestein endlich auftauchte.

Dabei floss so viel Geld in die Errichtung des Fundaments, dass am Gebäude eingespart werden musste. Am Ende reichte es nur für ein Gästehaus mit 33 Zimmern – weniger als geplant und zu klein für die Anfragen von Pilgern und Touristen, die eine Unterkunft suchten. "Wir mussten in den vergangenen Jahren durchaus Anfragen ablehnen, beispielsweise von Pilgergruppen mit mehr als 50 Teilnehmern", sagt Rektor Markus Bugnyar dem STANDARD.

"Zwei-Jahrhundert-Projekt"

Das könnte sich künftig ändern: Denn heute, Donnerstag, eröffnet Kardinal Christoph Schönborn die Casa Austria, den Anbau mit 13 weiteren Gästezimmern. Ein "Zwei-Jahrhundert-Projekt" nennt Rektor Bugnyar das neue, zusätzliche Gebäude. "Wir haben jetzt die Größenordnung erreicht, die bei der Planung des Hauptgebäudes einst vorgesehen war." Auch wirtschaftlich sei man damit nun rentabler aufgestellt.

Als Erzbischof von Wien ist Kardinal Schönborn Protektor des Hauses und Vorsitzender des Aufsichtsrats. Er hat 2016 den Bauauftrag erteilt. Derzeit befindet er sich auf einem Bischofstreffen in Galiläa und kommt für die Eröffnung nach Jerusalem. Vor Ort betreut hat das Projekt Markus Bugnyar, der 2004 den Posten des Rektors übernahm und bereits damals mit den Planungen begann.

Kosten von 3,4 Millionen Euro

Schließlich dauerte es allein neun Jahre, bis überhaupt die Baugenehmigung erteilt wurde. 3,4 Millionen Euro hat der Bau gekostet. Teuer wurde das Projekt vor allem aufgrund der Lage des Hospizes in der engen und verschachtelten Altstadt. Schwere Geräte oder Lastwagen mit Material konnten dort nicht hineinfahren, es war viel Handarbeit gefordert.

Doch Bauen in der ein Quadratkilometer großen Jerusalemer Altstadt ist noch aus anderen Gründen knifflig: Kaum ein Zentimeter Erde, unter dem nicht Schätze aus der Vergangenheit begraben liegen – auch im Garten des Hospizes. Und die galt es vor dem Bau zunächst zu retten. Bis zurück ins sechste Jahrhundert wurde archäologisch gegraben, sagt Rektor Bugnyar. Dabei seien unter anderem Überreste aus byzantinischer Zeit entdeckt worden.

Mehr als ein Jahrtausend und eine Erdschicht von vier Metern später wurde an jener Stelle Ende des 19. Jahrhunderts das Österreichische Hospiz errichtet. Es war zu jener Zeit, als sich das Osmanische Reich dem Ende zuneigte und mehr und mehr Europäer wieder Interesse am Heiligen Land zeigten und sich dort niederließen.

Wiener Kaffeehaus im Garten

So entschied sich auch der damalige Erzbischof von Wien für den Bau des Hospizes: 1863 wurde es eröffnet, es ist heute das älteste nationale Pilgerhaus in Jerusalem – und wohl eine der schönsten Ruheoasen mitten im Konfliktgebiet, mit Wiener Kaffeehaus und Garten.

Doch das war nicht immer so: Das Gebäude wurde Anfang des 20. Jahrhunderts zwischenzeitlich zum Waisenhaus, später zum Feldlazarett, dann zur Offiziersschule und zuletzt zum Krankenhaus. Erst in den 1960er-Jahren begannen die Gespräche darüber, das Gebäude wieder in eine Pilgerunterkunft zu verwandeln, sagt Bugnyar. Es dauerte bis in die 1980er-Jahre, bis es so weit war.

Doch auch die Spannungen der Region gingen in den vergangenen Jahren nicht spurlos an der Altstadtoase vorüber. Zeitweise brauchte es keine zwei Attentate, bis die ersten Pilger ihre Reise absagten, so Bugnyar. Heute reagieren Besucher nicht mehr ganz so schnell – wohl auch, weil Israel bei weitem nicht mehr das einzige Land der Welt ist, das von Terroranschlägen heimgesucht wird.

Doch während des Gazakriegs 2014 und der anschließenden sogenannten Messer-Intifada brachen die Besucherzahlen ein. 2018 dann erlebte Israel einen Rekord mit mehr als vier Millionen Besuchern. Mit dem Anbau hat sich das Österreichische Hospiz also für die Zukunft gewappnet. (Lissy Kaufmann aus Jerusalem, 25.4.2019)