Monika Matal ist ärztliche Leiterin bei Ambermed, wo rund 90 Ehrenamtliche die Patienten betreuen.

Foto: Amber Med / Nadja Meister

Wien – Blasensprung in der 22. Schwangerschaftswoche. Die Lage ist kritisch. Ein Frühgeborenes hätte de facto keine Überlebenschance. Die Schwangere fährt ins Krankenhaus. Sie wird es ohne Untersuchung oder Behandlung wieder verlassen. Sie ist nicht versichert und hat Angst vor den Folgekosten – man informiert sie im Spital darüber, dass diese hoch wären. Monika Matal erzählt am Mittwoch bei einer Pressekonferenz die Geschichte jener Betroffenen, deren Baby nicht überlebt hat. Matal ist die ehrenamtliche ärztliche Leiterin der Ambermed-Klinik im 23. Bezirk in Wien, wo besagte Frau vor und nach dem Vorfall betreut wurde.

Der Mutter-Kind-Pass wurde 1974 in Österreich eingeführt, um die Kinder- und Müttersterblichkeit zu verringern. Erfolgreich. Wen dieses Vorsorgeinstrument allerdings nicht erreicht, das sind Nichtversicherte. Sie müssten die Arztbesuche aus eigener Tasche bezahlen. "Sie machen keine Vorsorgemedizin", sagt Matal. Außer sie finden den Weg zu Ambermed, wo Gynäkologen neben anderen Fachärzten und Allgemeinmedizinern ehrenamtlich Dienst versehen.

27.000 Personen ohne Versicherung

Laut einer Studie von 2018 gibt es in Österreich rund 27.000 Personen ohne Krankenversicherung. Allerdings ist das laut dem Diakonie-Sozialexperten Martin Schenk schwer zu fassen. Er fordert: "Kein Kind, das hier lebt, soll von notwendigen gesundheitlichen Behandlungen ausgeschlossen sein. Keine Frau, die in Österreich lebt, soll unter Gefahren ihr Kind zur Welt bringen müssen."

Die Zahl der Patienten bei der heuer 15 Jahre bestehenden Ambermed-Klinik stieg insbesondere mit der Flüchtlingsbewegung. Richtig eng wurde der Warteraum 2017, als man fast 9.000 Patientenkontakte verzeichnete. Auf ähnlich hohem Niveau liegen die Zahlen des Vorjahrs: 3.186 Patienten suchten Ambermed auf, mehr als 8.000 Patientenkontakte gab es.

Dass jemand nicht versichert ist, sei oft die Folge prekärer Jobverhältnisse oder einer Lücke zwischen Arbeitsverhältnissen. Gründe seien oft auch schwere psychische Krisen oder dass Menschen, die eigentlich ein Recht auf Mindestsicherung hätten und damit auch krankenversichert wären, aus Scham nicht darum ansuchen, zählt Schenk auf. "Was wir hier leisten, ist ein Beitrag zur Verringerung von Folgekosten im gesamten Gesundheitssystem", ist er überzeugt. Denn je später eine Behandlung stattfinde, desto höher seien dann die Kosten.

Weniger Geld vom Bund

Bekanntheit und Nachfrage nach Behandlungen in der Klinik für Nichtversicherte sind weit stärker gestiegen als die öffentlichen Gelder für das Angebot. Insgesamt umfasste das Budget von Ambermed im Jahr 2018 rund 340.000 Euro, die Hälfte davon stemmen Rotes Kreuz und Diakonie. Die Wiener Gebietskrankenkasse schieße seit einigen Jahren rund 60.000 Euro pro Jahr zu, von der Stadt kamen im Vorjahr 76.000 Euro, das Gesundheitsministerium, das ursprünglich 30.000 Euro beigetragen hatte, habe zuletzt nur noch 10.000 Euro zugeschossen, fasst Heinz Fronek zusammen, bei der Diakonie-Flüchtlingshilfe für den Fachbereich Psychotherapie und Gesundheit zuständig.

"Im Sommer müssen wir den Warteraum umbauen und einen dritten Behandlungsraum für Allgemeinmedizin einrichten", erzählt Fronek. Geld dafür kommt vom Roten Kreuz, rund 40.000 Euro müsse man noch aufstellen. (Gudrun Springer, 25.4.2019)