Die Regierungsparteien überlegen, die ORF-Gebühr abzuschaffen und den ORF aus dem Staatsbudget zu finanzieren.

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Harald Vilimsky, Generalsekretär und EU-Spitzenkandidat der FPÖ, hat gewusst, welche Fragen ihn bei Armin Wolf am Dienstag in der "ZiB 2" erwarten würden. An jenem Tag, an dem der Braunauer FP-Vizebürgermeister Christian Schilcher wegen des rassistischen "Rattengedichts" zurückgetreten war und über die Nähe der FPÖ zu rechtsextremen Bewegungen diskutiert wurde, konnte er nicht annehmen, dass Wolf diese Themen ausklammern und mit Vilimsky nur über Europapolitik reden wollen würde. Vilimsky ist ein Medienprofi, seine scheinbare Empörung über Fragen nach rechtsextremen "Einzelfällen" innerhalb seiner Partei erscheint da wenig glaubwürdig. Vielmehr war seine Verbalattacke auf den "ZiB 2"-Moderator zu diesem Zeitpunkt ein gezielter Angriff auf einen ORF-Journalisten, der seinen Job macht und kritische Fragen stellt. Fragen, die einem Politiker nicht gefallen müssen.

Die persönliche Einschüchterung, die Vilimsky gegen Wolf während der Sendung aussprach ("Das ist etwas, das nicht ohne Folgen bleiben kann"), ist alarmierend und gefährlich. Vorfälle wie dieser zeigen deutlich, welches Verständnis die blaue Regierungspartei von einem öffentlich-rechtlichen Rundfunk hat. Und sie offenbaren, wie die Politik, die derzeit an einem neuen ORF-Gesetz arbeitet, versucht, sich den ORF zurechtzubiegen. Kritische Fragen sind nicht erwünscht, Journalisten, die sie stellen, werden bedroht und öffentlich diffamiert.

Vilimskys Attacke war kein Einzelfall. Die Liste der Politiker, vor allem jener der FPÖ, die ORF-Journalisten öffentlich drohen, ist lang. Schon im ersten Jahr der ÖVP-FPÖ-Koalition bezichtigte FPÖ-Chef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache "ZiB 2"-Anchor Wolf der Lüge. Im April 2018 verlangte ORF-Stiftungsratsvorsitzender Norbert Steger (FPÖ) die Kündigung von Auslandskorrespondent Ernst Gelegs, weil ihm dessen Berichterstattung zur Wahl in Ungarn nicht gefiel.

Geschwächte Medienfreiheit

Im Herbst 2018 forderte Vilimsky die Absetzung von "Hohes Haus"-Moderatorin Patricia Pawlicki. Erst vor kurzem verglich FPÖ-Mediensprecher Hans-Jörg Jenewein die ORF-Sendung "Report" mit einer DDR-Sendung und stellte personelle Konsequenzen in den Raum. Und Mitte April griff Medienminister Gernot Blümel (ÖVP) ORF-Moderator Martin Thür an ("Das ist ja ein Blödsinn, was Sie da reden").

Auch in anderen Regierungskonstellationen haben sich Parteien über die Berichterstattung des ORF beschwert. Das ist nicht neu. Neu ist aber die Vehemenz und Art und Weise, wie die jetzige Regierung Einfluss nehmen will. Indem sie systematisch Journalisten öffentlich diffamiert, schwächt sie die Medienfreiheit und damit ein wichtiges Instrument für eine funktionierende Demokratie.

Es liegt jetzt auch an ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz, sich hinter seine Mitarbeiter zu stellen und diese Entwicklungen zu verurteilen. Die Einschüchterungsversuche, mit denen Journalisten unter der aktuellen Regierung konfrontiert sind, zeigen schon Auswirkungen. Im Ranking zur Lage der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen ist Österreich binnen eines Jahres von Platz elf auf 16 abgerutscht.

Die Regierungsparteien überlegen, die ORF-Gebühr abzuschaffen und den ORF aus dem Staatsbudget zu finanzieren. Geht das durch, wäre das ein weiterer Schritt in Richtung Staatsfunk. Entpolitisierung geht anders. (Astrid Ebenführer, 24.4.2019)