Mit der Anhebung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit auf 140 km/h auf ausgewählten Strecken wurde nachvollzogen, was in der Praxis bereits gefahren wurde.

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Wien – So ganz ohne Vorwissen über die tatsächlich gefahrenen Geschwindigkeiten auf der Westautobahn dürfte Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) bei der Einführung des Testbetriebs für Tempo 140 im Juli 2018 doch nicht gewesen sein. Das erschließt sich aus dem "Verkehrstechnischen Gutachten für Strecken Tempo 140 km/h A1 West Autobahn", das vom Ziviltechnikbüro Nast Consulting ZT erstellt wurde.

Wohl stellt Hofer in Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der Liste Jetzt in Abrede, vor Beginn der Testphase bereits gewusst zu haben, dass die Durchschnittsgeschwindigkeit auf dem dritten Fahrstreifen jenseits der 130 km/h lag. Der Endbericht der Untersuchung ist allerdings mit 30. Mai 2018 datiert, also eineinhalb Monate vor Inkraftsetzung der höheren Höchstgeschwindigkeit für Pkws und Kleinlastwagen zwischen den A1-Knoten Steinhäusl und Voralpenkreuz jeweils von fünf bis 22 Uhr.

Legalisierung geübter Praxis

Die an Werktagen (ohne Urlauberverkehr) teils frühmorgens gemessenen Geschwindigkeiten differieren je nach Fahrstreifen, am schnellsten sind tendenziell Kfzs auf der dritten Spur unterwegs – laut der Erhebung sogar überwiegend über der Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h. Für sie war Tempo 140 quasi die Legalisierung der geübten Praxis.

Als Auftraggeber der Erhebung fungierte übrigens nicht das Ministerium, sondern die Asfinag Service GmbH, eine Tochter des zum Verkehrsministerium ressortierenden staatlichen Autobahnbauers Asfinag. Die Ziviltechniker von Nast Consulting verweisen im Vorwort darauf, dass das Gutachten "in weiterer Folge dem BMVIT (sachlich zuständige Behörde) als Grundlage für die Verordnung und der damit im Zusammenhang stehenden verkehrstechnischen Beurteilung zur Erhöhung der höchstzulässigen Geschwindigkeit auf 140 km/h" auf bestimmten Strecken diene.

Herumschieben der Verantwortung

Inhaltlich bleibt Hofer, der von Klimaforschern empfohlene Maßnahmen wie Tempolimits oder eine flächendeckende Straßenbenützungsgebühr jüngst als Maßnahmen bezeichnete, "die Autofahrer schikanieren", vage. Für den Anstieg der Treibhausgasemissionen beim Hauptverursacher Verkehr sei der 2017 um 2,9 Prozent gestiegene Dieselabsatz ebenso verantwortlich wie die höhere Fahrleistung des Pkw-Verkehrs (plus zwei Prozent) sowie von Lkws und Bussen (plus drei Prozent). Federführend in Klimaschutzfragen sei aber das Nachhaltigkeitsministerium unter Elisabeth Köstinger (ÖVP).

Geschwindigkeitskontrollen und die Einhaltung der Verkehrsordnung wiederum obliege Innenministerium und Bundesländern. Die Berechnungen zu finanziellen Folgen bei der Nichteinhaltung der Emissionsziele 2030 wiederum erfolgten im Finanz- und im Umweltministerium, stellt Hofer klar und verweist auf die Elektroautoförderung und die dazugehörige Forschung. Umweltbezogene und finanzielle Anreize wie der IG-Luft-Hunderter befänden sich nicht in seinem Wirkungsbereich. (ung, 25.4.2019)