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Auch das Plakat war beim Parteitag der deutschen Liberalen in chinesischen Schriftzeichen gehalten.

Foto: Reuters / Hannibal Hanschke

Berlin – Ungewohnte Töne aus dem Mund von Christian Lindner: Der FDP-Vorsitzende hat seine Rede auf dem Parteitag der deutschen Liberalen in Berlin am Freitag auf chinesisch begonnen. Von einem Zettel las er einige Zeilen ab und übersetzte anschließend: "Die Gesellschaft und die Wirtschaft ändern sich beständig. Wir müssen mit den Zeiten Schritt halten."

"Nach Lage der Dinge" würden "unsere Kinder" künftig neben Englisch auch Chinesisch lernen müssen, sagte Lindner mit Blick auf den wachsenden weltweiten Einfluss Chinas. Er habe einen "Selbstversuch gestartet" und könne daher nun sagen: "Diese Sprache ist ein Brocken." Daher solle "alles" dafür getan werden, "dass es sich für die Chinesen auch weiterhin lohnt, Deutsch und Englisch zu sprechen".

Warnung vor dem Hegemon

China sei dabei, ein "globaler Hegemon" zu werden, und verfolge seine Ziele "strategisch, zielgerichtet und bisweilen auch aggressiv", urteilte Lindner. Er sage dies nicht, "um Angst vor dem gelben Mann zu machen", sagte er, was einiges Geraune im Saal hervorrief. Vielmehr gehe es ihm darum, das "Stadium der Bequemlichkeit" zu verlassen. "Wenn wir nicht wieder beginnen, Wirtschaftspolitik zu machen, werden es andere für uns tun", warnte Lindner.

Der dreitägige FDP-Parteitag steht unter dem Motto "Ein Land wächst mit seinen Menschen". Am Nachmittag stehen die Wiederwahl von Lindner als Parteichef sowie die weiteren Wahlen zu Präsidium und Bundesvorstand an. Die ostdeutsche Bundestagsabgeordnete und Innenexpertin Linda Teuteberg soll zur Generalsekretärin gewählt werden. Sie löst Nicola Beer ab, die die Partei als Spitzenkandidatin in die Europawahl Ende Mai führt. Der Parteitag geht am Sonntag zu Ende.

"Chancen durch Vielfalt"

Vor Beginn des 70. Parteitags der FDP diskutierten Beer und weitere Mitglieder der Arbeitsgruppe "Chancen durch Vielfalt" über die Möglichkeit, mehr Frauen für die FDP zu gewinnen. Nur gut ein Fünftel der knapp 65 000 Parteimitglieder ist weiblich.

Die FDP ist mit 80 Abgeordneten derzeit viertstärkste Fraktion im deutschen Bundestag. In den ersten fünf Jahrzehnten der Bundesrepublik war sie in Koalitionen mit Christ- oder Sozialdemokraten an fast allen deutschen Bundesregierungen beteiligt, FDP-Politiker wie der erste Bundespräsident Theodor Heuss (1949-1959) oder der langjährige Außenminister Hans-Dietrich Genscher (1974-1992) prägten die Geschichte des Landes mit.

In den vergangenen 20 Jahren hat die FDP aber nur in der Legislaturperiode 2009-2013 mitregiert. Sondierungen für eine "Jamaika"-Koalition mit Christdemokraten und Grünen scheiterten nach der Bundestagswahl 2017, weil die FDP fürchtete, ihre Standpunkte nicht einbringen zu können. Auf Länderebene ist die FDP derzeit an drei Regierungen beteiligt. (APA, 26.4.2019)