Bild nicht mehr verfügbar.

FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky und Vizekanzler Heinz-Christian Strache.

Foto: REUTERS / LEONHARD FOEGER

Fast eine Woche ist es her, dass Bundeskanzler Kurz natürlich und ausschließlich dem Regierungsorgan Kronen Zeitung ein Interview gewährt und darin großspurig angekündigt hat: "Ich werden die FPÖ an ihren Taten messen." Seither waren zwei Taten zu verzeichnen: Aus freiheitlicher Feder wurde ein Gedicht bekannt, in dem Menschen mit Ratten verglichen werden, und aus dem Munde des freiheitlichen Spitzenkandidaten für die EU-Wahl Harald Vilimsky wurde der Ausspruch bekannt: "Wäre ich ORF-Generaldirektor, würde ich Armin Wolf vor die Tür setzen."

Zum Gedicht hat Kurz die routinemäßige Kenntnisnahme freiheitlicher Geschmacklosigkeit abgeliefert, zum blauen Möchtegernzensor ist ihm auch nicht viel eingefallen. Davon, dass er irgendetwas gemessen und eine Messung gar Folgen gehabt hätte, ist nichts zu merken. Was nicht verwunderlich ist, könnte eine ernsthafte Bemessung freiheitlicher Taten nicht ohne Folgen für jenen bleiben, der sie durch die Koalition mit den Urhebern fördert. Vorher hatte sich Kurz von seinem Vorgänger an seinen Taten messen lassen müssen, was ihm vonseiten der "Krone" Mitleid eingetragen hat. Dreister wurde ein lupenreiner und akribisch eingefädelter politischer Dolchstoß in den Rücken noch nie umschrieben, bemühte sich Michael Jeannée, eine Dolchstoßlegende in die Welt zu setzen, erschlossen aus den Erinnerungen Mitterlehners, die nicht nur in Wahrheit schnöder Verrat sind, und mit den Tatsachen so gut wie nichts zu tun haben.

Willenloses Werkzeug des Schicksals

Das hat nicht einmal Sebastian Kurz in seinem "Krone"-Interview behauptet. Er betrachtete sich darin eher als willenloses Werkzeug des Schicksals: Das rot-schwarze System hat sich selbst abmontiert. Dieser mystischen Selbstdemontage des "Systems" - den Begriff hat er freiheitlicher Rhetorik entnommen – konnte er dann nicht mehr zusehen. Das Maximum, was diese Regierung zustande gebracht hat, waren faule Tauschgeschäfte und rot-schwarze Minimalkompromisse.

Die "Kronen-Zeitung" arbeitet ja zum Glück für das Land nicht wie Armin Wolf und fragt daher auch nicht nach, wie es mit faulen Tauschgeschäften unter der Regierung Kurz-Strache aussieht, wenn es gilt, möglichst viele blaue und türkise Funktionäre dort einzuschleusen, wo man rote oder andere systematisch entfernt. Der Bundeskanzler hatte daher auch keinen Grund zu einer Drohung wie: "Wäre ich Herausgeber der 'Kronen Zeitung', ich würde den Chefredakteur feuern."

Vilimsky als Judenrächer

Dabei könnte Kurz von Vilimsky viel lernen. Der interpretierte ein Plakat der blauen Parteijugend mit antisemitischen Elementen nur deswegen, weil es ihm von Wolf in Erinnerung gerufen wurde, als eine Verharmlosung der Judenverfolgung. Bei der Unbarmherzigkeit, mit der die FPÖ gegen Extremismus von links und rechts vorgeht, konnte es für Vilimsky als Judenrächer nur eine Konsequenz geben: Ich sehe keine andere Konsequenz, als dass Armin Wolf abgezogen wird. Das erklärte er in "Heute", wo ihn der Chef des ORF-Stiftungsrates Norbert Steger mit der angemessenen Bewertung unterstützte: "Pervers, dass man solche lauen Lüfterln immer mit Nazis vergleicht."

Damit war aber kein Ende der Perversionen. Wolf hatte nämlich noch ein paar andere, weniger laue Lüfterln in seinem Sack, was ihm Vilimsky in "Heute" als übelste Manipulation anrechnete, wobei er sich sozial bestärkt fühlte. In den sozialen Netzwerken gibt es gerade eine Empörungswelle gegen den Herrn Wolf. Was auch wieder nicht überrascht, weil diese alles andere als sozialen Netzwerke zu den Lieblingsschlupfwinkeln der weniger lauen Lüfterln gehören.

Drohung ist das natürlich keine

Fast schon wieder versöhnlich bog Vilimsky seine Drohung, als Generaldirektor würde er Wolf feuern, mit einem schönen Beispiel freiheitlicher Barmherzigkeit um: Drohung ist das natürlich keine. Ich habe nur klar gesagt: "Das kann nicht ohne Folgen bleiben." Vilimsky ist damit die Fleischwerdung des Hofer'schen Wortes, man werde sich noch wundern, was alles möglich ist. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Bundeskanzler sein Versprechen, die FPÖ an ihren Taten zu messen, doch noch hält, aber man sollte sich nicht zu früh freuen. Das endet womöglich mit einem ORF-Generaldirektor Vilimsky. Generalsekretär ist er schon.

Nur Jeannée dürfte Wolf härter getroffen haben. Der schleuderte ihm entgegen: Sie langweilen mich! Klar – wenn einer immer nur laue Lüfterln wehen lässt! (Günter Traxler, 27.4.2019)