Foto: Apollonia Theresa Bitzan

Männer mit Masken haben in der Popmusik zwar Tradition. Wenn die Leute dahinter allerdings nicht allzu arg verwachsen im Sinne eines Statisten aus Filmen von Frederico Fellini daherkommen, kann man den Sinn dieses Brauchtums schon einmal infragestellen. Die Wombles, Ganymed, die Residents, Lordi, Sido, Gwar oder Michael Jackson (Sickerwitz), speziell auch Kiss: Man mag sich gar nicht vorstellen, um wie vieles noch toller deren Musik gewesen wäre oder geraten würde, wenn die Musiker nicht dauernd darauf achten müssen, dass sie bloß nicht mit den Plateaustiefeln umböckeln oder ihnen der Schweiß an unvorteilhaften Körperstellen zusammenrinnt.

Das Wiener Trio Dun Field Three macht im Gegensatz so den oben genannten Kollegen trotz etwas burlesk wirkender Pestmasken aus dem Kleiderschrank des O-du-lieber-Augustins wirklich ausgezeichnete Musik. Vor allem auch live entwickelt man mit vom Schmalhans finanzierten Equipment eine Wucht, die man im gut durchdeklinierten Genre des Bänkelgesangs selten gehört hat.

Walzer für Haderlumpen

Die häufig gebrachten Assoziationen zur Band, die mit Daucocco alias Andreas Dauböck einen (über die derzeit ruhende Combo Ash My Love) im wilden Blues-punk und rabiaten Haudrauf-Rock‘n‘Roll geerdeten Frontmann besitzt, sind naheliegend weil der Mensch nun einmal aus Überlebensgründen darauf gedrillt ist, ähnliche Muster möglichst schnell zu erkennen:

Noise Appeal Records

Tom Waits fällt einem da ein, auch so eine Kunstfigur wie einst der Augustin, die, bevor sie in die Grube fährt, noch einen Mordstrum Fetzen nach Hause zieht, um sich dort das Album Your Funeral ... My Trial von Nick Cave & The Bad Seeds und seine sinistren Haderlumpen-Walzer reinzuziehen.

Apropos, eine Band, die sich mitunter auch einmal gegen das einst aus Amerika gekommene Diktat des Vierviertel- mit einem eh auch gut zum nächtlichen Wanken passenden Dreivierteltakt auflehnt, kann gar nicht schlecht sein.

Predigt mit Messwein

Auch das nun vorliegende titellose Debütalbum, für dessen Vermarktung man derzeit am Wochenende die Kulturzentren des Landes beackert, ist nicht von schlechten Eltern. Zwar wirkt die Wucht des Bühnensounds und der Rhythmusgruppe der Herren Nachtlieb und Goto etwas schaumgebremst. Es sind ja auch keine Leute da, gegen die man anspielen kann. Und auch das Klimperklavier, die wimmernde Billigorgel und die räudige Gitarre Daucoccos können nicht ihr volles Aggressionspotential entfalten.

Ganz abgesehen davon, dass der geifernde Predigtton eines selbstgerechten (oder selbstironischen) Predigers einer Kirche der letzten Tage ohne im Saal herumstehende Sünder, denen man den Messwein und die schlechten Neuigkeiten ins Gesicht spucken kann, ein Altzerl versöhnlicher klingt.

Die schlechten Neuigkeiten fasst man am besten unter dem Schlagwort "Schluss mit lustig" zusammen. Wer sich nichts darunter vorstellen kann: Weltenbrand, die ewige Verdammnis, der Rechtspopulismus, die Gruselgeschichte mit den vier Reitern der Apokalypse. Hallo, Dun Field Three tragen Pestmasken! Und wer rockt, hat keine Zeit zum Lachen. Nur beim Singen stört die Pappnase dann doch erheblich. Sie wandert auf die Stirn. (Christian Schachinger, 26.4.2019)