Tempe – "Egozentrische Zeitordnung" nennen US-Psychologen in einer nun veröffentlichten Studie ein Phänomen, das uns häufig Fehleinschätzungen vornehmen lässt – und zwar zu unseren Gunsten. Es führt dazu, dass wir ehrlich der Meinung sind, schneller als jemand anderer auf einen Auslöser reagiert zu haben, auch wenn die Stoppuhr nüchtern anzeigt, dass wir und unser Widerpart gleich schnell waren.

Die Psychologen Ty Tang und Michael McBeath von der Arizona State University berichteten im Fachmagazin "Science Advances", es könne durchaus sein, dass im Streit um einen Einwurf beim Basketball beide Spieler ehrlich glauben, sie hätten den Ball vor dem Gegner berührt. Das gleiche trete aber auch in einem weniger turbulenten Kontext als dem eines Ballspiels auf: Bei Tests, in denen zwei einander gegenüber sitzende Teilnehmer gleichzeitig reagierten, behaupteten demnach durchschnittlich 67 Prozent, sie selbst seien schneller gewesen.

Die Forscher gehen davon aus, dass das Gehirn die eigene Reaktion zuerst wahrnimmt und dann erst das externe Handeln. Durch diese "egozentrische Zeitordnung" sehe unser Gehirn eigene Handlungen und Wahrnehmungen immer vorher, erklärt McBeath. "Menschen können deshalb ihre eigenen Handlungen nahezu in Echtzeit wahrnehmen, zum Beispiel wenn sie einen Baseball fangen oder wegschlagen. Aber wir brauchen etwas mehr Zeit, um etwas Unerwartetes zu verarbeiten, zum Beispiel wenn uns jemand überraschend auf die Schulter klopft." Das Gehirn verhalte sich "parteiisch", so die Forscher. (red, APA, 28. 4. 2019)