Viel Sonne, viel Software: Google gibt sich bei der I/O gerne entspannt.

Foto: Proschofsky / STANDARD

Die Zeiten, in denen Google "nur" ein Suchmaschinenanbieter war, sind lange vorbei. Mit Produkten wie Android, Chrome oder auch Google Maps ist das Unternehmen aus dem Alltag vieler kaum mehr wegzudenken. Die schiere Anzahl unterschiedlicher Dienste kann dabei schon einmal unübersichtlich werden, einmal im Jahr lässt der Softwarehersteller aber all diese Entwicklungen an einem Ort zusammenlaufen: Im Rahmen der Entwicklerkonferenz I/O werden jene Themen vorgegeben, die die weitere Entwicklung des Google-Ökosystems in den kommenden Monaten und Jahren bestimmen sollen.

Google I/O 2019

In Kürze ist es wieder so weit: Von 7. bis 9. Mai findet die Google I/O 2019 direkt neben dem Hauptquartier des Softwareherstellers in Mountain View, Kalifornien, statt. Das eigentlich für Konzerte ausgelegte Shoreline Amphitheatre sowie umliegende Parkplätze werden von Google aufwendig in einen Konferenzort mit vollklimatisierten Vortragszelten und Workshop- sowie Demo-Räumen verwandelt. Google will dabei übrigens nicht von einer Konferenz sprechen, der Begriff "Entwicklerfestival" soll bereits signalisieren, dass es auf der I/O etwas lockerer und verspielter zugeht, als man es sonst von anderen Techkonferenzen gewohnt ist.

Den Kern der Veranstaltung bilden dabei jene Vorträge, die drei Tage lang auf zehn Bühnen parallel abgehalten werden und thematisch von Android über Cloud-Themen bis zu Fragen der künstlichen Intelligenz reichen. Parallel dazu finden aber auch noch jede Menge Workshops und Frage-und-Antwort-Sessions statt.

Keynote

Für die breite Öffentlichkeit ist aber vor allem ein Termin relevant: Der erste Konferenztag wird auch heuer wieder mit einer auf 90 Minuten anberaumten Keynote eröffnet, die Google üblicherweise für eine Fülle an Neuankündigungen nutzt. Was das Unternehmen in diesem Rahmen vorstellen wird, ist offiziell natürlich noch geheim, und doch ist im Vorfeld schon das eine oder andere Detail durchgesickert. Daraus lässt sich schließen, dass Google die I/O-Keynote heuer etwas anders anlegen will. Während in den Vorjahren vor allem das Thema künstliche Intelligenz in den Vordergrund gerückt wurde, dürften heuer zwei andere Themen dominieren: Hardware und Privacy.

Hardware

Mit Pixel 3a und Pixel 3a XL wird Google im Rahmen der I/O zwei neue Smartphones vorstellen – so viel kann als sicher angenommen werden, hat doch Google selbst bereits einen Teaser in seinem Online-Store platziert, der auf den 7. Mai als Launch-Termin hinweist. Auch Eckdaten und Produktbilder sind bereits vorab durchgesickert, woraus klar wird, dass die beiden Geräte auf mittlere Preisregionen abzielen sollen und somit die bisherigen Premium-Modelle ergänzen sollen. Zuletzt waren dann sogar noch Preise zu hören: Rund 400 US-Dollar soll die kleinste Variante kosten.

Doch es dürfte sich nicht um den einzigen Hardware-Launch im Rahmen der I/O handeln. Im Vorfeld waren Informationen zu einem "Nest Hub Max" aufgetaucht, einem neuen Smart-Display von Google. Mit Zehn-Zoll-Display, Stereolautsprechern und integrierter Kamera soll es sich dabei um eine Art großen Bruder des Google Home Hub handeln. Ein wichtiger Hinweis ist dabei auch der gewählte Name, denn offenbar will Google seine Smart-Home-Produkte – oder zumindest einen Teil davon – unter der Marke Nest rebranden. So könnte der Google Home Hub dann auch bald Nest Hub heißen. Dazu passend könnte es noch einige andere neue Google-Geräte aus diesem Bereich zu sehen geben.

Privacy

Während die Betonung der Hardwareschiene nicht zuletzt mit sehr simplen wirtschaftlichen Gründen zu erklären ist – Google möchte ein erfolgreiches Hardwaregeschäft aufbauen, um die Abhängigkeit vom Werbebusiness zu reduzieren –, verfolgt man bei einem anderen Punkt etwas andere Interessen: Mit der Betonung des Bereichs Privatsphäre will das Unternehmen nicht zuletzt an seinem Image arbeiten. Diese Strategie war schon in den vergangenen Monaten immer stärker zu bemerken und wird wohl angesichts der wachsenden Kritik an all den Datensammlungen des Konzerns im Rahmen der I/O noch weiter forciert werden. So hat etwa Google-Chef Sundar Pichai unlängst eingestanden, dass man gerade bei der Sammlung von Ortsdaten noch Nachbesserungsbedarf habe, um diese klarer und übersichtlicher zu machen.

Android Q

Privacy-Verbesserungen stellen auch einen Schwerpunkt von Android Q dar, dessen dritte Beta im Rahmen der Konferenz veröffentlicht werden soll. Dabei soll es noch einmal einen ganzen Rutsch an neuen Funktionen im Vergleich zu den bisherigen Testversionen geben. Im Vorfeld waren etwa Details zu einem neuen Dashboard durchgesickert, auf dem die Nutzer genau sehen sollen, welche Apps wie oft welche Berechtigungen – also etwa für Standort, Mikrofon oder Kamera – anfragen.

Die neuesten Entwicklungen rund um Android stellen überhaupt immer einen Schwerpunkt jeder I/O dar. Dieses Jahr werden dabei Details zu einer – einmal mehr – neuen Gestensteuerung für Android Q erwartet. Auch der offizielle Launch eines systemweiten Dark Modes für Android zeichnet sich ab. Für die anwesenden Entwickler noch wichtiger sind die Entwicklungen, die gerade unter der Oberfläche des Systems passieren. So will Google künftig zentrale Systembestandteile über den Play Store auf dem Laufenden halten – und diese damit auch herstellerübergreifend vereinheitlichen.

Google Assistant

Ein Fixpunkt der vergangenen Jahre waren neue Entwicklungen rund um den digitalen Assistenten von Google. Angesichts dessen, dass man sich in dieser Hinsicht einen regen Schlagabtausch mit Amazon liefert, dürfte auch dieses Jahr keine Ausnahme bilden. Neben der bereits erwähnten Hardware wird es wohl auch so manche smarte Verbesserung rund um den Google Assistant zu sehen geben. Neue Details könnte es auch zu Google Assistant Connect geben, einer Anfang des Jahres auf der CES bereits kurz gezeigten Technologie, mit der smarte Geräte – etwa Lampen – ohne Hub direkt mit einem Google Home interagieren können.

Die Ankündigung von Stadia, Googles Game-Streaming-Service, ist erst wenige Wochen her. Insofern sind in dieser Hinsicht keine großen Überraschungen zu erwarten. Zumindest sind im Vortragsprogramm der I/O aber Sessions zu finden, in denen die technischen Hintergründe des Dienstes näher erläutert werden.

Fuchsia?

Eines der spannendsten derzeit in Entwicklung befindlichen Google-Projekte ist fraglos das Betriebssystem Fuchsia, das eines Tages Android und Chrome OS beerben könnte. Von außen lässt sich zwar nur begrenzt sagen, wie weit dieses mittlerweile wirklich gediehen ist, eine offizielle Vorstellung erscheint aber mit dem aktuellen Wissensstand eher unwahrscheinlich. Da stehen die Chancen für die Google I/O 2020 schon wesentlich besser.

Surprise, surprise ...

Wer Google kennt, der weiß: Zu all dem wird sich sicher noch so manche Überraschung gesellen. Immerhin nutzt das Unternehmen das Interesse an der I/O-Keynote gerne, um mit beeindruckenden Demos einen kleinen Blick in die Zukunft zu nehmen. Im Vorjahr war das etwa Google Duplex, das den Nutzern lästige Anrufe abnehmen kann – etwa um einen Tisch in einem Restaurant zu reservieren – und dabei verblüffend echt klingt. Die Präsentation hatte umgehend für ethische Debatten gesorgt, da hier viele befürchten, dass Menschen durch die KI getäuscht werden könnten. Mittlerweile gibt es diesen Service in den USA mit Googles Pixel-Smartphones bereits, und die KI gibt sich dabei im Vorfeld immer artig aus, um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen.

Live-Stream

Wer es nicht geschafft hat, an eines der begehrten Tickets zu kommen – der Ansturm auf die rund 7.000 Plätze ist üblicherweise riesig –, kann sowohl Keynotes als auch Vorträge bequem von zu Hause aus verfolgen. Google streamt nämlich praktisch die gesamte Konferenz live über Youtube.

Vor Ort

DER STANDARD wird wie schon in den vergangenen Jahren vor Ort sein und zeitnah und in gewohnter Ausführlichkeit über all die Neuerungen und zugehörigen Hintergründe berichten. Dabei werden wir die Keynote erstmals auch mit einem Live-Ticker begleiten, bei dem sich die Leserinnen und Leser also gleich direkt zu all den Ankündigungen austauschen können. Wer daran Interesse hat, sollte sich den Termin also schon mal vormerken: Die Keynote der Google I/O 2019 beginnt am 7. Mai um 19 Uhr (MESZ), wir werden aber bereits etwas davor erste Eindrücke aus Mountain View liefern. (Andreas Proschofsky, 5.5.2019)