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Mit Premier Li Keqiang unterzeichnete Kanzler Sebastian kurz mehrere Kooperationsvorhaben.

Foto: Reuters / Parker Song

Es ist der ganz, ganz große Bahnhof. Vor der Großen Halle des Volkes in Peking sind hunderte Laufmeter roter Teppich ausgerollt. Die Ehrenformation der Volksbefreiungsarmee ist aufmarschiert. Die Militärkapelle spielt Land der Berge und die chinesische Hymne, den Marsch der Freiwilligen. Donnernd schießt eine Artilleriebatterie Salut. Und überall auf dem Tian’anmen-Platz wehen rote und rot-weiß-rote Flaggen. Der österreichische Staatsgast, so scheint es, soll maximal beeindruckt werden.

Sebastian Kurz hat nach dem Seidenstraßen-Forum am Freitag und Samstag noch einen offiziellen Besuch in China angehängt. Am Sonntag traf der Bundeskanzler mit seinem chinesischen Amtskollegen Li Keqiang zusammen. Am Montag wird ihn auch noch Staats- und Parteichef Xi Jinping empfangen. Für ein kleines Land wie Österreich ist das ein üppiges Maß an Aufmerksamkeit.

"Sehr zufrieden"

"Ich bin sehr zufrieden mit der Art und Weise, wie Österreich in China geschätzt wird", erklärte Kurz dann auch. Und diese Wertschätzung beruhe durchaus auf Gegenseitigkeit. Der Bundespräsident sei im vergangenen Jahr in China gewesen. Und er, Kurz, selbst sei auch bereits das dritte Mal hier. Die strategische Partnerschaft mit China, die im Regierungsprogramm festgehalten sei, werde forciert vorangetrieben.

Kurz und Ministerpräsident Li haben dementsprechend zwei große Ziele vereinbart: Erstens soll der chinesische Tourismus nach Österreich bis 2025 verdoppelt werden. Und zweitens soll der bilaterale Handel von gut 13 Milliarden Euro im selben Zeitraum auf 20 Milliarden Euro steigen (siehe Wissen links). Um diese Vorgaben zu erreichen, wurden fünf Schritte vereinbart:

Gute Flugverbindungen Die AUA fliegt unverändert ab Wien Peking und Schanghai an. Neu ist, wie bereits berichtet, dass ab 18. Juni China Southern Airlines ab Wien über Ürümqi nach Guangzhou fliegt. Hainan Airlines fliegt seit 20. Oktober 2018 nach Chengdu.

Tourismus Die Österreich Werbung wird verstärkt in China tätig werden. Angesprochen werden sollen dabei vor allem chinesische Individualtouristen, die länger in Österreich bleiben und das ganze Land kennenlernen sollen.

Zahlungsverkehr Mit den chinesischen Internetriesen Alibaba und Tencent soll es eine stärkere Zusammenarbeit im Finanzgeschäft geben, weil chinesische Touristen auch im Urlaub wie gewohnt über ihre Handys (mit den Bezahlsystemen Alipay oder Tenpay) einkaufen wollen.

Olympische Spiele 2022 In drei Jahren werden die Winterspiele in Peking stattfinden. Dort haben die österreichischen Unternehmen viel Geschäftspotenzial identifiziert und können auch spezifisches Know-how bieten.

Gemeinsame Exportkredite Beide Länder wollen gemeinsam Kredite absichern – in Österreich, China, aber auch in Drittländern. Die Kontrollbank und die chinesische Exim sollen damit gemeinsame Projekte chinesischer und österreichischer Unternehmen im Ausland leichter möglich machen.

Neben diesen Zielvorgaben haben Kurz und Li fünf Memoranda of Understanding zur Unterschrift gebracht. Darin ging es unter anderem um eine Kooperation des Kunsthistorischen Museums Wien mit dem Pekinger Palastmuseum, um die Entlehnung eines Pandabärenmännchens an den Schönbrunner Zoo und um Rückzahlungen von Geldern, die österreichischen Unternehmen durch Betrüger in China abhandengekommen sind. Insgesamt ersetzt die chinesische Regierung Schäden in der Höhe von 16 Millionen Euro. Dem Vernehmen nach geht ein Teil davon an die oberösterreichischen Flugzeugteilezulieferer von FACC in Ried im Innkreis.

Menschenrechte

Kurz hat bei seinem Amtskollegen auch die sich zuletzt weiter verschlechternde Situation der Menschen- und Bürgerrechte in China angesprochen. "Ministerpräsident Li hat darauf erwidert, dass der Fokus Chinas derzeit darauf liege, die Menschen aus der Armut zu holen", sagte der Bundeskanzler nach dem Zusammentreffen. Differenzen gab es auch bei der Frage, ob China weiterhin den privilegierten Status eines Entwicklungslandes bei der Welthandelsorganisation WTO innehaben dürfe. Kurz: "China ist kein Entwicklungsland mehr, sondern bald die größte Volkswirtschaft der Welt. Wir müssen sicherstellen, dass für uns die gleichen Spielregeln gelten und sich der chinesische Markt öffnet."

Staats- und Parteichef Xi Jinping hat genau das am Freitag in seiner Eröffnungsrede beim Seidenstraßen-Gipfel angekündigt. Mit ihm will der Kanzler heute, Montag, die Thematik noch einmal besprechen.

"Neue Weltordnung"

Generell sieht Kurz eine sich rasch ändernde Weltlage: "China ist natürlich gerade dabei, eine neue Weltordnung zu schaffen." Es sei sinnvoll, an der chine sischen Initiative für ein welt umspannendes Investitionsprogramm teilzunehmen: "China zu ignorieren wäre absurd." Die Neue Seidenstraße sei eine gute Initiative, gerade für ein exportorientiertes Land wie Österreich. Und die Globalisierung lasse sich eben nicht zurückdrehen.

Milliardengeschäfte

An dem Seidenstraßen-Gipfel nahmen 37 Staats- und Regierungschefs aus Europa, Asien, Afrika und Lateinamerika teil. Die USA, Indien, Japan oder die großen EU-Staaten – mit Ausnahme Italiens – fehlten. Xi Jinping verkündete zum Abschluss, dass im Rahmen des Forums Verträge mit einem Gesamtvolumen von 64 Milliarden Dollar (57 Milliarden Euro) abgeschlossen worden seien. Der Präsident der chinesischen Nationalbank erklärte indes, dass für die Neue Seidenstraße bisher insgesamt 440 Milliarden US-Dollar (396 Milliarden Euro) an Krediten bereitgestellt worden seien. Der größte Teil dieser Gelder wurde allerdings von den Kreditnehmern noch nicht abgerufen.

Für viele, insbesondere kleine Staaten wird befürchtet, dass sie durch den Geldsegen aus China in eine Schuldenfalle tappen könnten. Von "Kreditgeberimperialismus" ist bei Kritikern des Seidenstraßen-Projektes die Rede. (Christoph Prantner, 28.4.2019)