Im April reinigten und reparierten die Mitglieder von MTB Innsbruck noch ehrenamtlich den Arzler-Alm-Trail. Nun werden alle vom Bahntransport ausgeschlossen.

Foto: MTB Innsbruck

Innsbruck – Mit einem Schlag sind jahrelange Bemühungen für ein besseres Miteinander zerstört worden. Nachdem in der Innsbrucker Hungerburgbahn ein offensichtlich gewalttätiger Radler in den vergangenen Wochen zweimal Mitarbeiter attackiert hatte, beschloss das Unternehmen, im Monat Mai alle Downhiller von der Beförderung auszuschließen.

Hintergrund des Konflikts ist das enorme Aufkommen an Mountainbikern, die zu Beginn der Saison den Arzler-Alm-Trail sowie seine Verlängerung, den Hungerburgtrail, benutzen wollen. Es ist zu dieser Jahreszeit die einzig legale Möglichkeit für Trailbiker im Großraum Innsbruck. Dort erfreut sich der Sport aber seit Jahren steigender Beliebtheit. Mehr als 80.000 Mountainbiker werden pro Jahr am Arzler-Alm-Trail gezählt.

Verständnis für Beschränkungen

Nicht wenige davon nutzen die Hungerburgbahn, um den Uphill-Part zu verkürzen. Doch die ist nicht für ein solches Aufkommen an Bikern ausgelegt. Zuletzt verständigte man sich in Abstimmung mit der Szene darauf, dass nicht mehr als fünf Räder pro Bahn mitgenommen werden. Diese Maßnahme wurde über diverse Kanäle der Mountainbiker kommuniziert, und man warb um Verständnis dafür.

Doch diese Bitte kam nicht bei allen der tausenden aktiven Radler an. Ein Mann hat sich in den vergangenen Wochen zweimal tätlich gegen die Aufforderung, nicht mehr in die volle Bahn einzusteigen, zur Wehr gesetzt. Dabei verletzte er einen Mitarbeiter der Nordkettenbahnen durch eine "Watschen" derart, dass dieser sogar ärztliche Behandlung brauchte. Für den Bahnbetreiber Grund genug, Konsequenzen für alle Biker zu ziehen.

Wer gilt als Downhiller?

So gab Geschäftsführer Thomas Schroll am Montag bekannt, dass man im Monat Mai keine Downhiller mehr transportieren werde. Wie man Downhiller definiere, blieb auf Nachfrage allerdings unklar. Das könnte problematisch für die Umsetzung des Verbots werden, da gerade der Arzler-Alm-Trail vor allem von Enduro- und All-Mountain-Fahrern genutzt wird. Downhiller sind die Minderheit.

Das Verbot zeigt aber auch ein altes Problem auf. Das Feindbild des bösen Downhillers geistert nach wie vor in den Köpfen vieler herum. Dass es letztlich ein und derselbe Täter war, der einen Übergriff begangen hat, bestätigen auch die Nordketten-Bahnen. Trotzdem will man alle Biker dafür büßen lassen. Das ist vor allem für jene frustrierend, die sich nun über Jahre für ein gedeihliches Miteinander eingesetzt haben.

Angebot wird Nachfrage nicht gerecht

Und der Fall zeigt, dass sich am Problem des mangelnden Angebots an legalen Strecken seit Jahren kaum etwas geändert hat. Der Sport begeistert immer mehr Menschen, die allesamt vor dem Problem stehen, durch die geltende Gesetzeslage in die Illegalität gedrängt zu werden. Hinzu kommt, dass mit dem Arzler-Alm-Trail ein legales Angebot geschaffen wurde, das zwar sehr deutlich beweist, wie eine Lenkung der Biker funktionieren kann. Allerdings kanalisiert der einzige legale Trail, der außerhalb der Bikepark-Saison in Innsbruck befahren werden darf, derart viele Biker, dass nun auch das wieder zum Problem wird. Anrainer fühlen sich gestört, und in der Hungerburgbahn ist man mit dem Aufkommen an Bikern überfordert. Das erzeugt Frust auf allen Seiten.

Nicht alle pauschal verurteilen

Verena Böhm-Hennes von MTB Innsbruck, einem Zusammenschluss der lokalen Mountainbikeszene, die sich auch bei der Instandhaltung des Arzler-Alm-Trails einbringt, bedauert die jüngste Eskalation: "Solche Handlungen sind zu verurteilen, egal ob sie von einem Biker kommen oder einer anderen Person." Man verstehe die Reaktion der Bahnbetreiber daher ein Stück weit. Zugleich betont Böhm-Hennes, man solle nicht alle Biker wegen des Fehlers eines Mannes pauschal verurteilen.

Auch Sabine Oswald vom Downhillverein Tirol, der sich vor allem der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen verschrieben hat, bedauert den Vorfall: "Wir lernen unseren Kids von Beginn an, dass respektvoller Umgang wichtig ist." Hunderte Anmeldungen zu den Trainings und Camps des Vereins zeigen, welchen Stellenwert der Sport im Nachwuchsbereich bereits hat. Oswald betont, dass es sich bei der Tat offensichtlich um einen Einzelfall handelt, und hofft weiter auf Verständnis für die große Mehrheit der Biker, die sich eine friedliche Koexistenz wünsche.

Kritik an Crankworx

Seitens der Innsbrucker Stadtpolitik bedauert SPÖ-Stadträtin Elisabeth Mayr, zuständig für Sport, den Vorfall und seine Folgen für die Bike-Community. Und sie stimmt der Kritik der Nordketten-Bahnen zu, die dem Tourismusverband ankreiden, mit Veranstaltungen wie Crankworx und der ausgerufenen Bikecity ein falsches Bild zu zeichnen. Daher steht Mayr einer Fortführung der Mountainbike-Veranstaltung ab 2020 nun kritisch gegenüber: "Wir sollten dringend die Priorität auf Infrastruktur für den Sport legen, auf ein Angebot, das den Leuten vor und nach dem Saisonhighlight zur Verfügung steht." Crankworx zeichne ein superlativisches Bild von Innsbruck als Mountainbike-Stadt, dem die Realität weit hinterherhinke, so Mayr.

Offen bleibt dabei allerdings, wann und wo diese Infrastruktur entstehen soll. Das kann auch die Stadträtin noch nicht sagen. Es handle sich um "Bohren sehr harter Bretter", um Trails im Raum Innsbruck zu realisieren. Die Besitzverhältnisse in den Wäldern bedingen, dass zahlreiche Grundbesitzer zustimmen müssen, um eine legale Strecke zu realisieren. In der Vergangenheit sind Trail-Pläne genau daran gescheitert.

Bus als Alternative

Somit könnte die Unbeherrschtheit eines einzelnen Bahnbenutzers noch viel gravierendere Folgen für die Innsbrucker Bikeszene haben als nur das einmonatige Transportverbot für Downhiller. Denn letztlich ist auch der Bikepark Innsbruck im Zuge von und wegen Crankworx entstanden. Nur weil der Tourismus in der Veranstaltung Potenzial erkannte, wurde zumindest ein erstes Trailangebot realisiert.

Verliert man nun aber die Veranstaltung, verliert man auch den Tourismus als starke und treibende Kraft hinter dem Mountainbiken. Wie wenig Gehör man der Bikeszene allein seitens der Politik schenkt, hat sich in den Jahrzehnten davor gezeigt.

Wer nicht selbst den Berg hochpedalieren will, dem bleibt als Alternative die Buslinie J auf die Hungerburg. Jeder Bus bietet laut Betriebsleiter Platz für sechs Fahrräder. Bislang sei es dort zu keinerlei Problemen mit den Bikern gekommen, bestätigen die IVB auf Nachfrage. (Steffen Arora, 30.4.2019)