Triumphe schmecken süß, sagt man. Doch in den Wahlsieg von Pedro Sánchez mischte sich am Sonntagabend ein bitterer Beigeschmack. Zwar bekam er von den spanischen Wählerinnen und Wählern eine solide Stimmenmehrheit und damit endlich die Bestätigung, die ihn auch formal zur Ausübung des Regierungsamtes legitimiert – denn er war im Juni 2018 nur durch ein Misstrauensvotum gegen den Konservativen Mariano Rajoy an die Macht gekommen. Doch die Regierungsbildung wird um einiges schwieriger sein als befürchtet. Denn während sich die Sozialisten über ein sattes Plus freuen durften, sackte der logische Koalitionspartner, die linksalternative Unidas Podemos (UP), deutlich ab. Gemeinsam reicht es nicht für die Regierungsmehrheit.

Die andere Option – ein Zusammengehen mit den rechtsliberalen Ciudadanos (Cs) – ist tatsächlich keine: Zu unterschiedlich sind die Ansätze und Forderungen, eine Koalition käme in beiden Lagern einem Betrug an der eigenen Wählerschaft gleich. Und auch der konservative Partido Popular (PP), durch internen Streit und zahlreiche Korruptionsfälle arg in Bedrängnis geraten, kommt als Partner für Sánchez nicht infrage. Und an einen Pakt mit der erstmals ins Parlament eingezogenen rechtsextremen Vox ist nicht einmal ansatzweise zu denken.

Angebot an Unidas Podemos

Was also tun? Es bleibt als wahrscheinlichste Variante, dass Sánchez wie geplant UP-Chef Pablo Iglesias ein Angebot machen wird. Hier lassen sich wohl am ehesten inhaltliche Übereinstimmungen erzielen. Doch die Regierungsmehrheit werden Sánchez nur die Regionalparteien im Parlament zu Madrid liefern können – unter anderem ausgerechnet die Katalanen, deren Unabhängigkeitspläne er seit Monaten stets mit einem "Nein ist Nein" quittiert.

Der Mangel an Alternativen wird Sánchez noch viel Kopfzerbrechen bereiten. Er wird nicht umhinkönnen, auf die Katalanen zuzugehen, in verstärkten Dialog zu treten und sie vielleicht sogar – um den Preis von bisher unvorstellbaren Zugeständnissen – zu Partnern zu machen. Denn eines ist Sánchez klar: Nicht nur die Sozialisten, auch die Unabhängigkeitsbefürworter wurden bei dieser Wahl mit einem starken Mandat ausgestattet.

Und wenn Demokratie (auch) bedeutet, Wahlergebnisse zu respektieren und umzusetzen, dann müssen sich beide Seiten bewegen. Diese Option mag eine sehr schwierige sein – aber vielleicht ist sie die einzig mögliche. (Gianluca Wallisch, 29.4.2019)