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Oriol Junqueras sitzt im Gefängnis, dennoch konnte er ein überzeugendes Wahlresultat einfahren.

Foto: Reuters / Enrique Calvo

Erstmals in der 40-jährigen Geschichte der Post-Franco-Demokratie hat eine Partei, die für die Unabhängigkeit Kataloniens eintritt, die spanischen Parlamentswahlen in der politisch stets unruhigen Nordostregion gewonnen: Die Republikanische Linke Kataloniens (ERC) des inhaftierten einstigen Vizeregierungschefs Kataloniens, Oriol Junqueras, erzielte 24,6 Prozent und damit 15 Parlamentssitze.

Zusammen mit "Gemeinsam für Katalonien" (JxCat) des exilierten ehemaligen katalanischen Regierungschefs Carles Puigdemont bekommt die Unabhängigkeitsbewegung 22 der insgesamt 48 katalanischen Mandate im Madrider Parlament.

Bisher hatten die Katalanen bei spanischen Wahlen immer den landesweit operierenden Parteien zum Sieg verholfen. Bis auf 2015 und 2016, als die linksalternative Schwesterpartei von Podemos, En Comú, gewann, waren dies die Sozialisten.

Mobilisierungsrekord

Die Wahlbeteiligung in Katalonien stieg vergangenen Sonntag um 14 Prozentpunkte gegenüber den Wahlen 2016. Das ist ein Mobilisierungsrekord bei einem gesamtspanischen Urnengang.

Sollte Pedro Sánchez ein Linksbündnis mit Unidas Podemos (UP) anstreben, braucht er dafür die Stimmen aus dem katalanischen Lager. Nur so kann er die absolute Mehrheit im Parlament erreichen.

Um dies auszuhandeln, führt kein Weg am Gefängnis vorbei. Denn der Spitzenkandidat von ERC ist Junqueras selbst. Dieser sitzt ebenso wie der Listenführer von JxCat, der ehemalige Vorsitzende der Bürgerbewegung Katalanische Nationalversammlung (ANC), Jordi Sànchez, in einem Gefängnis bei Madrid in Untersuchungshaft.

Sie gehören zu den zwölf Politikern und Aktivisten, gegen die derzeit im Zusammenhang mit dem Unabhängigkeitsreferendum vom 1. Oktober 2017 ein Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof Spaniens läuft. Beiden wird "Rebellion" vorgeworfen, ihnen drohen bis zu 25 Jahre Haft. Niemals zuvor wurden Häftlinge als Listenführer ins spanische Parlament gewählt.

Forderung nach Referendum

Während JxCat strikt daran festhält, als Vorbedingung für Gesprächen eine erneute – dieses Mal legale – Volksabstimmung über die Zukunft Kataloniens zu bekommen, erklärte Junqueras während des Wahlkampfs, seine Partei ERC werde den Sozialisten Sánchez auf jeden Fall unterstützen, um eine Rechtsregierung oder ein Bündnis des PSOE mit den rechtsliberalen Ciudadanos zu verhindern.

Am Wahlabend trat mit Gabriel Rufían einer der bekanntesten ERC-Politiker vor die Kameras. Er spricht von der "Wiederaufnahme des Dialogs" mit Madrid und von "diskreten Verhandlungen". Sicher wird auch ERC dabei – wenn auch nicht als Bedingung für eine Gesprächsaufnahme – den Wunsch nach einem Referendum nach schottischem Vorbild auf die Tagesordnung bringen. (29.4.2019)