Wien – Das Fernsehen, Papierakten und direkte zwischenmenschliche Kommunikation haben nach Überzeugung der Polizei dazu geführt, dass die längste Bankraubserie in Österreich zehn Jahre nach ihrem Beginn geklärt worden ist. Seit Ende März befindet sich der 54-jährige Schwede Hans-Olof S. in Wien in Untersuchungshaft, dort hat er gegenüber Ermittlern mittlerweile gestanden, zwischen 2009 und 2018 insgesamt 15 Banken und eine Apotheke in Wien, Linz und Graz ausgeraubt zu haben.

Zum ersten Mal soll der in seiner Heimat Vorbestrafte im August 2009 in einer Bank in Wien-Wieden zugeschlagen haben, berichtet Michael Mimra von der Wiener Kriminalpolizei Dienstagvormittag bei einer Pressekonferenz. Ein paar Wochen später war ein Geldinstitut in der Inneren Stadt an der Reihe, aufgrund der Bilder des Täters kam erstmals der Verdacht auf, dass es sich um dieselbe Person handeln könnte.

Täter entfernte Alarmpakete vor Ort

Die Spurenlage war aber überschaubar: "Der Täter ist sehr akribisch vorgegangen", sagt Mimra. "Er hat immer Handschuhe getragen, wir konnten zwar DNA-Spuren sicherstellen, die ergaben aber keine Treffer." Der wechselweise mit einer Gas- und einer Schreckschusspistole bewaffnete Räuber umging auch technische Hilfsmittel: "Er nahm sich das Geld immer selbst und entfernte die Alarmpakete mit GPS oder Farbe", erläutert der Kriminalist.

Der verdächtige Hans-Olof S. bei seinem zweiten Coup am Wiener Schubertring.
Foto: BPD Wien

Nach einem Coup verschwand der Unbekannte mit dem Fahrrad oder nahm ein Taxi. Bei der Flucht half ihm die gezielte Auswahl der Tatorte: "Er hat sich 'exotisch' liegendere Filialen ausgesucht und im Vorfeld auch die Passantenfrequenz beobachtet."

Insgesamt werden S., der in Berlin stationiert war und immer mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreiste, mittlerweile neun Raubüberfälle auf Banken in Wien – der letzte im April 2018 –, fünf in Linz und einer in Graz zugeschrieben. Zusätzlich soll er je eine Apotheke in Graz und München ausgeraubt haben.

Hilfe von "Aktenzeichen XY"

Ein erster Fahndungsaufruf in der TV-Sendung "Aktenzeichen XY" brachte zwar Hinweise, aber keine konkreten Anhaltspunkte. Erst eine zweite Ausstrahlung lieferte laut Andreas Holzer vom Bundeskriminalamt den entscheidenden Hinweis. "Ein deutscher Zuseher meldete sich und sagte, dass sein Kunde eine große Ähnlichkeit mit dem Gesuchten habe."

In Kooperation mit deutschen Polizeibehörden begannen Ermittlungen, die den Namen eines schwedischen Verdächtigen ergaben. "Nachfragen in Schweden zu einer möglichen kriminellen Vorgeschichte brachten aber vorerst keine Hinweise", berichtet Holzer.

Bei einigen der Überfälle maskierte sich der mutmaßliche Täter mit einer Sturmhaube, die von der Polizei sichergestellt wurde.
Foto: LPD Wien

Die Kriminalbeamten gaben aber nicht auf: Mittels des deutschen Verbindungsbeamten in Schweden bohrte man weiter. "Ältere schwedische Kollegen erinnerten sich dann an den Namen. S. hat zwischen 1991 und 1996 ähnliche Taten in Schweden und Dänemark begangen und wurde dafür zu einer Gefängnisstrafe verurteilt." Elektronisch war diese Strafe nicht mehr gespeichert, die schwedischen Polizisten besorgten aber die analogen Ermittlungsakten.

Am 5. Februar wurde S. schließlich in Berlin lokalisiert und am selben Tag festgenommen; wie sich herausstellte, wollte der Verdächtige an diesem Tag nach Polen weiterreisen. Bei einer Hausdurchsuchung in einem von ihm gemieteten Lagerraum in der deutschen Hauptstadt fanden sich die Tatwaffen und Maskierungen.

Beute angeblich weniger als 300.000 Euro

Die in Medienberichten kolportierte Beutesumme von rund einer Million Euro dementiert Bundeskriminalamtsmann Holzer bei der Pressekonferenz: Die Schadenssumme betrage weniger als 300.000 Euro. Gleichzeitig schließt die Polizei aber nicht aus, dass S. für andere Taten infrage kommt.

Als Motiv gab der Verdächtige bei den Befragungen an, er habe mit der Beute seinen Lebensunterhalt finanziert und dem Glücksspiel gefrönt. Auffallend ist, dass der Schwede sehr mobil war, nicht nur in Europa, auch Reisen nach Thailand sollen auf dem Programm gestanden sein. Die Hotelrechnungen bei den Überfällen zahlte er stets in bar, um eine Nachverfolgung seiner Bewegungen zu erschweren. (Michael Möseneder, 30.4.2019)