Handelsabkommen wie Ceta sorgen immer wieder für Proteste.

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Luxemburg/Wien – Was war das nur für ein politischer Trapezseilakt in Österreich rund um das Handelsabkommen Ceta. Der Pakt zwischen der EU und Kanada kostete erst die rot-schwarze und dann die werdende türkis-blaue Regierung viele Nerven, und auch für Bundespräsident Alexander Van der Bellen wurde das Thema heikel. Unter der letzten Regierung geriet Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) wegen angeblich umwelt- und sozialfeindlicher Ceta-Bestimmungen unter Druck.

Auf EU-Ebene hatte er dem Abkommen zugestimmt, doch dann wollten die Gewerkschafter Ceta verhindern. Erst nach einem wegen seiner geringen Bedeutung abwertend Beipackzettel genannten Zusatz zu Ceta stimmte die Regierung Ende 2016 dann zu.

FPÖ lenkte ein

Auch die FPÖ war vehement gegen Ceta, Parteichef Heinz-Christian Strache hatte im Wahlkampf sogar eine Volksabstimmung zu dem Pakt angekündigt. Doch in den Regierungsverhandlungen gaben die Freiheitlichen den Widerstand auf. Der von der Industrie über die ÖVP ausgeübte Druck war zu groß. Strache erhielt – so berichten Insider – im Gegenzug die Nichteinführung des Rauchverbots in der Gastronomie.

Und da wäre noch Van der Bellen: Im Präsidentschaftswahlkampf hatte der Grüne ebenfalls bekundet, Ceta nicht zu unterzeichnen, wäre er schon Staatschef. Tatsächlich setzte er seine Signatur im Rahmen der Ratifizierung aus, um eine juristische Klärung des Pakts abzuwarten.

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Van der Bellen kündigte Unterschrift unter Ceta-Abkommen an.
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Diese erfolgte am Dienstag: Der Europäische Gerichtshof, der von Belgien befragt wurde, hält Ceta für unbedenklich. Es ging vor allem darum, ob die vereinbarten Schiedsgerichte die Union politisch einschränken, was der EuGH verneinte. Kurz nach Bekanntgabe der Entscheidung kündigte Van der Bellen an, Ceta zu unterschreiben.

Präsident mit Vollmachten

Das ist insofern von Bedeutung, als dem Staatsoberhaupt in völkerrechtlichen Angelegenheiten größere Kompetenzen bescheinigt werden als bei der Beurkundung von Gesetzen. Allerdings darf der Präsident auch bei Staatsverträgen nach herrschender Lehre seine Unterschrift nur verweigern, wenn beispielsweise gewichtige außen- oder sicherheitspolitische Gründe vorliegen.

Anzunehmen ist, dass die Niederlande und Deutschland nun ebenfalls die Ratifizierung abschließen. Beide Staaten wollten wie Van der Bellen das Gutachten der EU-Richter abwarten.

Durch ist Ceta damit aber noch lange nicht. Insgesamt müssen 38 nationale und regionale Parlamente (beispielsweise in Belgien) zustimmen. Laut Auskunft des Rats der Mitgliedstaaten hat mit bisher zwölf Ländern noch nicht einmal die Hälfte der EU-Mitglieder Ceta auf nationaler Ebene final beschlossen. Zudem gibt es einigen Gegenwind. In Italien beispielsweise kommt vor allem von der Fünf-Sterne-Bewegung Druck, das Kanada-Abkommen zu kippen. Befürchtet wird u. a. ein Aus der Herkunftsbezeichnungen wie Parmigiano Reggiano.

Seit 2017 vorläufig in Kraft sind jene Teile von Ceta, die in reiner EU-Kompetenz liegen, beispielsweise Zölle. Theoretisch könnte dieser Bereich ohne einstimmige Ratifizierung in den Mitgliedstaaten aufrecht bleiben. Wegen der engen Verzahnung aller Teile gilt diese Variante aber langfristig als nicht praktikabel. (as, 2.5.2019)