Auf der einen Straßenseite ein Lagezuschlag, auf der anderen keiner – auch das sieht die aktuelle Lagezuschlagskarte der Stadt Wien mancherorts vor.

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Der Lagezuschlag beschäftigt die Wiener Immobilienbranche weiterhin intensiv. So auch jüngst beim "Makler-Dialog" des Österreichischen Verbands der Immobilienwirtschaft (ÖVI). Für Vermieter von Altbauwohnungen sei es derzeit "ein Lotteriespiel", ob sie den Lagezuschlag auch vor Gericht durchsetzen können oder nicht, sagte Karin Sammer, Rechtsexpertin beim ÖVI. Eine ihrer Beobachtungen: Je weiter "hinauf" ein Verfahren in den Instanzen gehe, desto unwahrscheinlicher sei eine Entscheidung pro Lagezuschlag.

Die neue Lagezuschlagskarte der Stadt Wien, veröffentlicht im September nach einer wegweisenden Entscheidung des OGH, ist wegen ihrer nun sehr viel strengeren Auslegung des Lagezuschlags den Vermietern ein Dorn im Auge. Bei zwei Dritteln der 1.364 Zählgebiete, in die die Karte unterteilt ist, wird nun gar kein Lagezuschlag mehr empfohlen.

"Einziges marktdynamisches Element"

Warum der Lagezuschlag in Wien so heiß umkämpft ist (im Gegensatz zu allen anderen Bundesländern): Seit dem "Einfrieren" der Richtwerte durch das Deregulierungsgesetz des Jahres 2006 sei der Lagezuschlag "das einzige marktdynamische Element des Richtwerts", so Sammer. Die aktuelle Wiener Lagezuschlagskarte sieht aber nun etwa für die Gegend um den Hamerlingpark in der beliebten Josefstadt (achter Bezirk) gar keinen Lagezuschlag mehr vor, ebenso wie für die Böcklinstraße und die Rustenschacherallee direkt beim Grünen Prater im zweiten Bezirk.

Andererseits sei in der eher weniger prachtvollen Edelsinnstraße in Meidling, einer vierspurigen Ausfallstraße, ein Lagezuschlag von 1,49 Euro möglich, im fünften Bezirk beim Matzleinsdorfer Platz sogar 2,48 Euro, führte Sammer weiter aus – zur nicht geringen Belustigung der anwesenden Immobilienprofis. Und mit diesen eher unerklärlichen Umständen werde man wohl auch noch einige Jahre leben müssen, so Sammer.

Gesetzesänderung lässt auf sich warten

Die von der Regierung angekündigte "kleine Wohnrechtsnovelle" mit Änderungen beim Lagezuschlag ist bisher ausgeblieben, und generell sei der Lagezuschlag bundespolitisch von wenig Relevanz: Zwei Drittel aller Richtwert-Wohnungen würden sich in Wien befinden, und in der Bundeshauptstadt sei der Richtwert mit 5,81 Euro sehr niedrig. In Vorarlberg liegt er bei 8,92 Euro, in der Steiermark sind es 8,02 Euro. "In Graz sind Vermieter froh, wenn sie überhaupt das bekommen", so Sammer. Der Lagezuschlag sei in Graz kein Thema.

Wäre der Wiener Richtwert regelmäßig an die aktuellen Bau- und Grundkosten angepasst worden, läge er auch hier schon auf dem Niveau westlicher Bundesländer, also zwischen acht und neun Euro, so Sammer. Seit dem bereits erwähnten Deregulierungsgesetz wird aber nur noch laufend an die Inflation angepasst. Das macht den Lagezuschlag, der auf Basis der Grundstückskosten ermittelt wird und im ersten Bezirk schon bei 12,21 Euro liegt, so essenziell.

ÖVI arbeitet an "Grundkostenanteilskarte"

Vertreter der Wiener Immobilienwirtschaft unternehmen deshalb einige Anstrengungen, um sich das Leben vor Gericht zu vereinfachen. Der Verband der Gerichtssachverständigen arbeitet an einer feineren Karte, und auch der ÖVI arbeitet gerade gemeinsam mit ImmoUnited an einer "Grundkostenanteilskarte", die laut Präsident Georg Flödl zwar "definitiv keine Lagezuschlagskarte" sein wird, aber eine "Hilfestellung für die Branche" liefern soll. Grundlage dafür ist eine Entscheidung des OGH, die besagt, dass Abbruchgebäude als "taugliche Vergleichswerte" für die Ermittlung des Grundkostenanteils herangezogen werden können. Das Auffinden entsprechender Daten für unbebaute Liegenschaften bereite aber in dicht verbauten innerstädtischen Gebieten Schwierigkeiten. Im Herbst soll die Karte fertig sein. (Martin Putschögl, 2.5.2019)