Wien – Deutsche (Boulevard)Zeitungen nutzen die österreichische Steuerreform, um Druck auf die eigene Regierung zu machen. Sowohl "Bild"-Zeitung als auch die Münchner "Abendzeitung" fordern Kanzlerin Angela Merkel auf, sich die österreichische Steuersenkung zum Vorbild zu nehmen. "Kuz kann's, Merkel nicht. Warum es bei uns keine Steuersenkung gibt", so die "Bild" in ihrer Online-Ausgabe bild.de.

Abgeklärter dagegen das Urteil der "Neuen Zürcher Zeitung". Unter dem Titel "Der begnadete Verkäufer Kurz" kommentiert die NZZ die Steuerentlastung zwar als inhaltlich richtig". "Dennoch reiht sich die Steuerreform ein in eine Reihe von Projekten der Regierung Kurz, die bei näherer Betrachtung verdrießen. So ist eine als Großtat angekündigte Reform der Sozialversicherungen inhaltlich enttäuschend ausgefallen. Beim sanierungsbedürftigen Pensionssystem will man nur kleine Schritte gehen. (...) Das Hauptproblem der Steuerreform liegt darin, dass die Regierung den Spielraum für die Entlastungen fast allein daraus bezieht, dass die Wirtschaft derzeit gut läuft und die Steuereinnahmen ohnehin sprudeln. Da fällt das 'Zurückgeben vergleichsweise einfach."

Mehreren deutschen Zeitungen hingegen ist die österreichische Steuerreform eine Vorlage, um von der Regierung in Berlin Steuersenkungen zu verlangen. "Der Nachbar Österreich schafft, wovon Deutschland träumt. Zum Beispiel die Schaumweinsteuer abzuschaffen", schreibt die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" und verweist darauf, dass ein ähnliches Entlastungsvolumen für Deutschland bei 50 Milliarden Euro liegen müsste.

Die Boulevardmedien sind ohnehin voll des Lobes über die "Ösi-Steuersenker" (Abendzeitung), denn: "Wovon deutsche Steuerzahler nur träumen dürfen, wird im Nachbarland Österreich bald schon Realität." Ähnlich die auflagenstarke "Bild", die sich unter dem Titel "Steuern runter" fragt: "Warum schafft Kanzlerin Merkel in 14 Jahren nicht, was Österreichs Kanzler Kurz in einem Jahr erledigt?" (red, APA, 2.5.2019)