Bildung und Forschung: Standortfaktoren, zu denen mehr Beitrag gefordert ist.

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In der Elektronikbranche fehlen schon jetzt rund 17.000 Fachkräfte, in den nächsten Jahren werde sich die Situation noch verschärfen, befürchtet Lothar Roitner, Geschäftsführer des Fachverbands der Elektro- und Elektronikindustrie (FEEI). "Wir spüren den Fachkräftemangel an allen Ecken und Enden. Der Branche geht es wirtschaftlich sehr gut, aber jede Ansiedelung von neuen Unternehmen, jede neue Forschungsstätten, jede neue Produktion bedeutet auch Schwierigkeiten entsprechend ausgebildete Mitarbeiter zu finden", sagt er.

Rund 67.000 Beschäftigte zählt die Branche derzeit, vor zehn Jahren waren es noch um zehn Prozent weniger Beschäftigte. Mit einer Vielzahl an Aktivitäten sollen sich noch mehr für diesen Bereich begeistern. Dazu gehört auch, dass Lehrberufe laufend an die Anforderungen der Wirtschaft und der Digitalisierung angepasst oder neu gestaltet. Applikationsentwicklung – Coding, E-Commerce-Kaufmann oder Informationstechnologie mit den Schwerpunkten Systemtechnik und Betriebstechnik sind nur drei Beispiele für neue Berufe, die seit 2018 erlernt werden können. Der Fachverband mahnt aber die Politik zu einer rascheren Umsetzung der Weiterentwicklungen der Berufsbilder. Um die Attraktivität zu erhöhen hat die Branche u.a. das Lehrentgelt um durchschnittlich 15 Prozent angehoben. Rund 1800 Lehrlinge profitieren davon.

Schneller mehr Studienplätze

Aber es brauche noch weitere Anstrengungen, ergänzt Roitner, wenn Österreich Vorreiter bei der Digitalisierung werden soll. "Ohne qualifizierte Mitarbeiter wird das ganze nicht funktionieren", sagt Roitner. Bildung werde dafür der wichtigste Hebel, doch gerade hier sieht er eine Schere aufgehen. Zwar würden sich immer mehr Jugendliche für eine technische Ausbildung interessieren, der Bedarf an qualifizierten Mitarbeitern lasse sich aber dadurch nicht decken. Den Fachkräftemangel gebe es nicht erst seit gestern. Als vor 20 Jahren die FH Technikum vom Fachverband gegründet wurde, sei der Fachkräftemangel mit ein Grund gewesen. "Doch der Ausbau der Studienplätze geht viel zu langsam voran." Im aktuellen Studienjahr mussten allein an der FH Technikum 1000 junge Leute abgewiesen werden, obwohl sie die Anforderungen für ein Studium erfüllen haben.

Viele Ausbildungsinteressierte erhofft sich die Branche durch die neuen Möglichkeiten der dualen Ausbildung. Das Konzept dahinter wurde ebenfalls im aktuellen Kollektivvertrag festgehalten. Entwickelt und erprobt wurde es von Siemens und der FH St. Pölten. Personen, die einen Maturaabschluss haben, können eine verkürzte Lehrausbildung in einem Mitgliedsunternehmen des Fachverbands und gleichzeitig ein Hochschulstudium absolvieren. Dafür gibt es monatlich knapp 1.900 Euro Mindestgehalt für die Dauer der verkürzten Lehrausbildung. Mit diesem Modell sollen Personen angesprochen werden, die keine technische Vorbildung haben. "Bildung und Forschung sind die beiden entscheidenden Faktoren für den Standort in Österreich", sagt Roitner. Daher werde aktuell noch eine zusätzliche Bildungsoption mit den Sozialpartnern verhandelt.

Mehr in Weiterbildung einzahlen

Im Kern geht es darum, dass Unternehmen einen Teil der jährlichen Ist-Erhöhung nicht an den Mitarbeiter auszahlen, sondern diesen Betrag in einen Weiterbildungstopf legen, daraus kann der Mitarbeiter dann zusätzliche Ausbildungen finanzieren. Den Grundsatzbeschluss dazu gibt es bereits um die Details kümmert sich eine Arbeitsgruppe. Bereits seit gut zehn Jahren im Kollektivvertrag verankert ist die Bildungsfreistellung, die jedem Mitarbeiter eine Woche zur Weiterbildung zusteht. (Gudrun Ostermann, 4.5.2019)