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Ein S-400-Raketenabwehrsystem wird in Syrien aus einem Antonow-124-Transportflugzeug entladen (Archivbild).

Foto: AP/Russian Defense Ministry

Es gibt nur wenige bilaterale Beziehungen, die derart angespannt und gleichzeitig so in Bewegung sind wie die zwischen Ankara und Washington. Beide Staaten misstrauen einander und sind doch aufeinander angewiesen. Während der Streit um den Kauf des russischen Raketenabwehrsystems S-400 das Verhältnis extrem belastet, trafen sich am Mittwoch der US-Sondergesandte für Syrien, James Jeffrey, und der türkische Geheimdienstchef Hakan Fidan sowie Präsidentensprecher İbrahim Kalın. Dabei ging es wieder einmal um die Sicherheitszone in Syrien.

Seit Jahren fordert Ankara eine 32 Kilometer breite Zone auf syrischer Seite, um sich gegen Angriffe der Kurdenmiliz YPG zu schützen, die sie für einen Ableger der PKK hält. Washington hat das bisher abgelehnt und sieht die YPG nach wie vor als Verbündete im Kampf gegen den IS und als Gegengewicht zur Allianz aus dem Iran, Russland und dem Assad-Regime. Das Thema nahm an Brisanz zu, nachdem Trump im vergangenen Dezember überraschend den Abzug aller US-Truppen aus Syrien angekündigt, aber nicht vollzogen hatte.

Erfolg für Türkei

Zumindest einen Schritt dürfte die Türkei nun ihrem Ziel nähergekommen sein. Der türkischen Zeitung "Hurriyet" zufolge sind die USA von ihrer ursprünglichen Forderung, einem zehn Kilometer breiten Streifen ohne türkische Patrouillen, abgerückt. Die Sicherheitszone soll nun 32 Kilometer breit sein und gemeinsam von türkischen und amerikanischen Truppen kontrolliert werden, wobei sich die türkischen Soldaten nicht dauerhaft auf syrischem Territorium aufhalten sollen.

Eine endgültige Regelung dürfte aber noch ausstehen. Wahrscheinlich ist, dass die Einrichtung der Sicherheitszone in Verbindung mit einer Einigung auf das Raketenabwehrsystem S-400 steht. Ankara will von Moskau das Waffensystem kaufen. Der Vertrag ist bereits unterschrieben, die Raketen sollen im Juli auf türkischem Territorium installiert werden. Die USA protestieren seit langem gegen das Geschäft. Als Nato-Partner müsse die Türkei das amerikanische Konkurrenzprodukt Patriot kaufen. Dieses gilt aber als technisch weniger ausgereift und ist zudem um eine Milliarde Dollar teurer als das der Russen. Präsident Tayyip Erdoğan ist von dem Geschäft bisher keinen Millimeter abgerückt.

Stationierung im Ausland möglich

Die USA drohen deswegen, die Türkei aus dem Programm des neuen Kampfjets F-35 zu werfen. Eine Lösung könne höchstens dann noch zustande kommen, wenn Ankara das russische S-400 zwar kauft, es aber in einem befreundeten Staat wie Aserbaidschan oder Katar stationiert wird.

Dass beide Seiten nach wie vor an einer Einigung interessiert sind, zeigt auch, dass Erdoğan in einem Telefonat mit dem US-Präsidenten die Einrichtung einer Arbeitsgruppe zum Thema empfohlen hat. Zudem soll Trump im Juli auf Staatsbesuch in die Türkei reisen. Währenddessen titelte die regierungstreue türkische Zeitung "Yeni Şafak" am Donnerstag: "Maduro leistet Widerstand – wie der von den USA organisierte Putsch scheitert". Auch das zeigt: Vieles, was das türkisch-amerikanische Verhältnis betrifft, ist Getöse und dient besonders in der Türkei dazu, die eigene nationalistische Wählerklientel zu bedienen. (Philipp Mattheis, 2.5.2019)