Genf/Tokio – Der Lebensmittelmangel in Nordkorea hat sich den Vereinten Nationen (UN) zufolge verschärft und einen neuen Höhepunkt erreicht. Nach der schlechtesten Ernte seit einem Jahrzehnt habe die kommunistische Führung die täglichen Nahrungsrationen auf 300 Gramm reduziert, teilten das Welternährungsprogramm (WFP) und die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) der UN am Freitag mit. Wegen den schweren Ernteeinbußen als Folge von Dürren und Überschwemmungen litten gut zehn Millionen der rund 25 Millionen Einwohner in dem abgeschotteten Staat unter einem massiven Lebensmittelmangel. "Das bedeutet, dass sie nicht genügend Nahrung bis zur nächsten Ernte haben", sagte WFP-Sprecher Herve Verhoosel. Insgesamt sind 17,5 Millionen Nordkoreaner auf staatliche Lebensmitterationen angewiesen. Mitte der 1990er Jahre kamen drei Millionen Menschen in dem Land bei einer Hungersnot ums Leben.

Auch die Aussichten für die Ernte in diesem Jahr seien besorgniserregend, sagte Verhoosel. Zumal neben schlechten Klimabedingungen auch ein Mangel an Treibstoff, Düngemitteln und Ersatzteilen die Not der Landwirtschaft verstärke. Zudem sei die Protein-Versorgung der Bevölkerung sehr schlecht. Einige Familien könnten eiweißhaltige Nahrung nur selten im Jahr zu sich nehmen. Die beiden UN-Behörden gehören zu den wenigen Organisationen, die Zugang zu dem international isolierten Land haben, das zusätzlich unter Sanktionen wegen seines Atom- und Raketenprogramms leidet. Ein zweites Gipfeltreffen von Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un mit US-Präsident Donald Trump zur Lösung des Konflikts wurde im Februar ergebnislos abgebrochen. Die Spannungen verschärften sich seitdem wieder.

Neue Entspannungssignale kommen nun aus Japan. Ministerpräsident Shinzo Abe erklärte sich zu einem Treffen mit Kim ohne Vorbedingungen bereit und deutete damit eine Kurswende in der japanischen Nordkorea-Politik an. Dies sei die einzige Möglichkeit, das langanhaltende Misstrauen zwischen beiden Ländern zu beenden, sagte Abe der Zeitung "Sankei" einen Tag nach einem Treffen mit Trump in Washington. Er hoffe, Kim sei ein Staatsmann, "der flexibel und strategisch entscheiden kann, was das Beste für sein Land ist".